Der junge Pragmatiker

A. Kwasniewski ist Chef der PVAP-Sozialdemokratie  ■ P O R T R A I T

Warschau (taz) - Mit Aleksander Kwasniewski ist einer der jüngsten und zugleich als Reformer profiliertesten PVAP -Aktivisten zum Chef der neuen „Sozialdemokratie der Republik Polen“ gewählt worden. Kwasniewski ist 1954 in Koszalin als Sohn einer Arztfamilie geboren und studierte in Danzig Wirtschaftswissenschaften. Während seines Studiums war er zwar Mitglied sozialistischer Jugendorganisationen, doch hatte er nie eine Funktion im Parteiapparat inne. Während des Kriegsrechts war er Chefredakteur der der PVAP nahestehenden Jugendzeitungen 'ITD‘ und 'Sztandar Mlodych‘. Letztere Tageszeitung hat sich inzwischen zu einer Art Sprachrohr der Sozialdemokraten in der PVAP entwickelt. 1985 wurde Kwasniewski Mitglied des Ministerrats, wo er sich mit Jugendpolitik beschäftigte. Seit dem Februar 1988 ist er Chef des Polnischen Olympischen Komitees. Der Öffentlichkeit bekannt wurde er vor allem als Unterhändler am runden Tisch, mit dem eine gemeinsame Sprache zu finden auch der damaligen Opposition nicht schwerfiel. In ihren Augen war Kwasniewski vor allem ein Pragmatiker, ein „Macher“, der auch Manager eines Konzerns sein könnte. Sehr geholfen bei seiner kurzen, aber steilen politischen Karriere hat ihm sein Rednertalent und sein Gefühl für Taktik. Während des Parteitags hat er es hervorragend verstanden, nicht nur die Spaltung innerhalb des „Demokratischen Blocks“ in Grenzen zu halten, sondern auch seiner Konzeption zum Durchbruch zu verhelfen: Nicht die Reformer sollen gehen, sondern die Konservativen zum Auszug getrieben werden. Als Person ist Kwasniewski auch für weite Teile der ehemaligen Opposition akzeptabel - Adam Michnik hat sich im Vorfeld des Parteitags bereits demonstrativ mit ihm getroffen. Seine Glaubwürdigkeit wird allerdings in hohem Maße davon abhängen, ob Führung und Mitglieder seiner Partei noch an die PVAP erinnern.

Klaus Bachmann