: Weitere Todesopfer im Kosovo
■ Kroatiens Kommunisten treten erstmals offen gegen serbische Unterdrückungspolitik auf / Appell an jugoslawische Regierung und serbische Führung, eine friedliche Lösung herbeizuführen
Berlin (taz) - Auf mindestens elf bezifferte die Belgrader Presse die Zahl der albanischen Demonstranten, die in den letzten Tagen bei dem Einsatz der Sicherheitstruppen im Kosovo getötet wurden. Informationen aus Slowenien zufolge ist die Zahl der Opfer sogar noch höher anzusetzen. Trotz des Schießbefehls wurden weiterhin die meisten Industriebetriebe bestreikt, nahezu alle Schulen blieben geschlossen. Der Widerstand gegen die Maßnahmen zur Einschränkung der Autonomierechte und zur Unterdrückung der Kultur der Albaner im Kosovo hat in den letzten Tagen Auftrieb erhalten. Seitdem der Bund der Kommunisten Jugoslawiens vor einer Woche an der Frage der Demokratisierung des Landes zerbrochen ist, fordert auch die kosovo-albanische Bevölkerung lautstark die Demokratisierung in Jugoslawien. Albanische Intellektuelle haben die Installierung eines „Runden Tisches“ zur Lösung der Konflikte vorgeschlagen.
Wichtig für die Albaner ist jetzt die Erklärung der kroatischen Kommunisten, die erstmals offen ein Ende der Unterdrückung in der Provinz Kosovo gefordert haben. In der Nacht zum Montag forderte das Zentralkomitee der KP Kroatiens die Bevölkerung des Kosovo auf, die Demonstrationen einzustellen. Allerdings werde die Provinz nicht zur Ruhe kommen, wenn die Albaner nicht das Recht zugestanden bekämen, freie Wahlen in einem Mehrparteiensystem abzuhalten. Alle politischen Gefangenen müßten sofort freigelassen werden. Auch die Politik der „Differenzierung“ müsse eingestellt werden. Dieser Passus ist eine direkte Anspielung auf den serbischen Führer Milosevic, der erst kürzlich wieder erklärt hatte, die „albanischen Terroristen“ müßten aus der „friedlichen Bevölkerung“ auch mit Waffengewalt herausdifferenziert werden. Das kroatische ZK appellierte an die jugoslawischen Zentralbehörden und an die serbische Führung, unverzüglich geeignete politische Maßnahmen zu ergreifen, um eine friedliche Lösung im Kosovo zu finden.
Roland Hofwiler
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