: Viele Gedankenspiele
Vorschläge von hüben und drüben zur Währungsunion ■ Mit OST- und WESTMARK auf du und du
Berlin (taz/dpa) - Der „Kronberger Kreis“, eine Gruppe von sechs Wirtschaftsprofessoren, hat einen festen Wechselkurs von Ost- zu Westmark zwischen 1:1 und 2:1 vorgeschlagen. Verteidigt werden soll dieser Kurs nicht von der Bundesbank, sondern von der Staatsbank der DDR. Eine Währungsreform soll vermieden und eine Währungsunion hinausgeschoben werden. Letztere wollen die Professoren nicht, weil zuerst „die fundamentalen ordnungspolitischen Probleme der DDR -Wirtschaft“ gelöst werden müßten. „Geeignete Prüfsteine“ dafür seien ein funktionsfähiges Preissystem, gute Investitionsbedingungen, solide Staatsfinanzen und volle Konvertibilität bei stabilem Wechselkurs.
Auf die Staatsbank kommt anstelle einer Geldverknappung allerdings eher das Problem zu, wenigstens nicht noch mehr Geld drucken zu müssen. Nach Ansicht von Ministerpräsident Modrow würde die Erfüllung der von Demonstranten und Streikenden vorgetragenen Forderungen nach Lohnsteigerungen, Urlaubsgeld und höheren Renten den Staat über 40 Milliarden DDR-Mark kosten. Zugleich wird die DDR-Produktion um vier bis fünf Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen und der Importüberschuß gegenüber den westlichen Industrieländern weiter steigen. Vor der Volkskammer sagte Karl Grünheid, der Vorsitzende des Wirtschaftskomitees im Ministerrat, „Sondermaßnahmen“ sollten in diesem Jahr 3 Milliarden Mark Kaufkraft binden. Aus dem letzten Jahr werde ein Kaufkraftüberhang von zehn Milliarden Mark übernommen, der sich vor allem auf Autos, Wohnungseinrichtungen, Unterhaltungselektronik und Auslandstourismus konzentriere.
So erscheint es möglich, daß sich die DDR im Westen weiter verschuldet, um einige dringende Problemlösungen im Landesinneren kurzfristig zu finanzieren. Ein interessantes Problem dürfte es da werden, wer die Auslandsverschuldung der DDR finanziert, wenn der Anschluß an die BRD vollzogen wird.
Einem Vorabbericht der 'FAZ‘ zufolge tritt die Ost-CDU für eine möglichst schnelle Währungsunion mit der BRD ein. Das Programm des Wirtschaftsberaters Johannes Kübler, das am Donnerstag im DDR-Fernsehen vorgestellt werden sollte, sieht die Alternative, die DDR-Mark konvertibel zu machen, für zu schwierig und langwierig an. Ohnehin sei es kaum zu verhindern, daß die DDR wegen der räumlichen Nähe zum D-Mark -Gebiet zum Doppelwährungsland werde. Zuvor müsse aber das Preissystem verändert und der Kaufkraftüberhang abgebaut werden. Wenn den Mietern drei Millionen Wohnungen zu günstigen Preisen angeboten würden, könnten damit rund 100 Milliarden Mark gebunden werden.
Nach einer Anpassung des Steuersystems an das der BRD müsse die Staatsbank der DDR geschlossen, der Geldumlauf festgestellt und mit der Bundesbank ein Umtauschsatz festgelegt werden. Der CDU-Experte äußerte sich den Angaben zufolge nicht zu den Konsequenzen, die dieser Schritt für die am BRD-Niveau gemessenen unproduktiven Betriebe in der DDR haben würde. Zur Höhe des Umtauschsatzes machte Kübler ebenfalls keine Angaben.
Zu guter Letzt die jüngste Äußerung von Bundesbankpräsident Pöhl, der vor dem Economic Club in New York sprach: Pöhl schließt eine stufenweise Konvertierbarkeit der DDR-Mark und auf lange Sicht einen Währungsverbund nicht aus. Wenn aber das Liberalisierungstempo der DDR-Regierung nachließe und noch mehr Übersiedler in die BRD kämen, sei der wirtschaftliche Zusammenbruch der DDR die Folge. Die nächsten Wochen seien dafür entscheidend.
Von einer dramatischen Änderung, das heißt einem gewaltigen Zustrom an Kapital könne die DDR aber ausgehen, wenn sie einen realistischen und einheitlichen Wechselkurs zulasse und die DDR-Mark schrittweise konvertibel mache. Aus außenpolitischen Gründen, so Pöhl, sei die geplante EG -Wirtschafts- und Währungsunion der richtige Rahmen. Eine Vereinigung der beiden deutschen Wirtschaften sei außerdem realistischer als eine gemeinsame Regierung.
diba
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