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Programmdirektorin ausgelacht

■ Rundschau auf die Hansawelle / Aber: zuviel Politik stört Werbemanager

„Radio Bremen ist ein Feld von Leichen, und Sie stehen mit leerem Patronengürtel daneben.“ Was nach Plänen von Programmdirektorin Karola Sommerey aus Radio Bremen werden soll, ruft seit gestern selbst im Sender nur noch martialische Vergleiche und schallendes Gelächter hervor. In einer mehrstündigen Bereichsvollversammlung der Hörfunkmitarbeiter hatte die Programmdirektorin gestern versucht, ihr jüngstes Konzept für die Konsolidierung von Programm, Finanzen und Einschaltquoten vorzustellen. Erfolglos. Die Radio-Chefin erntete vor allem Lachsalven und - am Ende - eine kaum verblümte Rücktrittsforderung. Den von ihr vorbereiteten jüngsten Beschluß des Direktoriums wertete ein Mitarbeiter als „Kapitulationserklärung und Kampfansage zugleich“.

Hauptkonfliktpunkt des neuen Konzepts: Nach dem inzwischen einjährigen Streit um Umfang und Sendeplatz der Regionalnachrichtensendung „Rundschau“, droht jetzt auch die aktuelle politische Information aus aller Welt zwischen die Mühlsteine „Sparzwang“ und „Programmstrukturreform“ zu gelangen. In einem vom Direktorium abgesegneten Papier sind dafür noch gerade viermal täglich je zwischen 10 und 20 Minuten vorgesehen. Die bisherigen „aktuellen Stunden“ um 12 und 17 Uhr finden sich auf Viertelstunden bzw. 20 -Minutenlänge gekürzt. Ziel der radikalen Kürzungskur: Auch politische Berichte und Hintergrundreportagen sollen sich möglichst bruchlos in ein „bremisches, regionales und weltweites Tagesbegleitprogramm mit viel Information, Musik und Unterhaltung“ einfügen. Stunden-lang geballte Polit -Information, so die These der Programmchefin, läßt die Mehrzahl der Hörer entweder zum Abschalt-oder zum Sendersuchlauf-Knopf greifen und könnte die Einschaltquoten der Hansawelle unter die für Werbestrategen magische Grenze von 500.000 drücken. Schon die jetzige Einschaltquote, betont die Programmchefin in einem Grundsatzpapier, werde „nie und nimmer ausreichen, um unsere Werbeerträge zu sichern.“

Auf Nachfrage versicherte Sommerey gestern, daß die Beschränkung auf vier kurze Nachrichtensendungen nicht ihr letztes Wort sei: „Die angegebenen Zeiten stellen lediglich Größenordnungen dar, wie ich sie mir vorstellen kann. Auch ein zusätzliches, längeres Nachrichtenmagazin kann sich die Programmdirektorin „durchaus vorstellen, vorausgesetzt, es paßt in ein Tagesbegleitprogramm.“

Was nicht paßt, weiß Sommerey schon ziemlich genau: „Kompakte Wortbeiträge, die versuchen, nachmittags die ganze Welt auf der Hansawelle präsent zu machen - das ist das falsche Konzept.“ Konzepte für etwas Passenderes erhofft sich Sommerey von einer Projekt-Arbeitsgruppe, die ab Montag über eine neue nachdenken sollen.

Zufrieden können dagegen schon jetzt die Redakteure der „Rundschau“ mit den jüngsten Beschlüssen sein: Regionale Nachrichten sollen wieder zweimal täglich und „auffindbar“ im ersten zu hören sein. „Zum-Beispiel-Zeiten“: 13.10-13.30 Uhr und 16.30-16.55 Uhr.

K.S.

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