: Der lange Winterschlaf
■ Frankfurt/Oder und die Geschichte: Wie eine mächtige Hauptstadt langsam bedeutungslos wurde...
Da gibt es nichts zu leugnen: Frankfurt, am Ostrand der DDR gelegen, ist Provinz. Nur wenig erinnert heute noch daran, daß die Stadt einst eine blühende Hansestadt und ein bedeutender Universitätssitz war. Im 15. und 16. Jahrhundert war Frankfurt ein zentraler Warenumschlagplatz, am Kreuzungspunkt von großen Fernhandelsstraßen. Seine Bedeutung innerhalb der märkischen Städte wurde noch ausgebaut, als hier 1506 die erste Landesuniversität gegründet wurde, an der unter anderem die Reformer Thomas Müntzer und Ulrich van Hutten lehrten. Bis 1696 gab es an der Frankfurter Universität auch ein sorbisches Seminar. Wirtschaftlich und kulturell bedeutsam war Frankfurt auch als Buchdruckerstadt, insbesondere spielte hier der jüdisch -hebräische Buchdruck eine bedeutende Rolle.
Mit der Auflösung der Hanse begann auch der Niedergang Frankfurts, das im 18. Jahrhundert von den Preußen-Königen in eine bis an die Zähne bewaffnete Garnisonsstadt verwandelt wurde. Die Herrscher in Berlin hatten nur strategisches Interesse an Frankfurt und trugen maßgeblich zum Niedergang der Stadt bei. Im Zuge der Stein -Hardenbergschen Reformen wurde Frankfurt zwar Regierungssitz des neugeschaffenen gleichnamigen Bezirks und entwickelte sich zur Beamtenstadt, die Universität jedoch wurde, auf Druck aus Berlin hin, nach Breslau verlegt.
Neben dem ehemaligen Regierungssitz, dem heutigen Rat des Bezirks, sind im Stadtzentrum nur noch drei Gebäude aus Frankfurts Blütezeit zu sehen: Gleich neben dem Regierungsgebäude liegt als Freilichtmuseum die aus dem 13. Jahrhundert stammende Marienkirche, daneben das Rathaus aus der gleichen Zeit, dessen gotische Backsteinfassaden den Reichtum der Hansestadt erahnen lassen. Etwa 200 Meter entfernt, am Oder-Ufer, liegt das hellblau gestrichene barocke Kleisthaus, in dem Leben und Werk des 1777 in Frankfurt geborenen Dichters dokumentiert sind.
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