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Keine Knete mehr für Lance-Raketen?

■ US-Kongreß will 112 Mio. Dollar für Weiterentwicklung der atomaren Kurzstreckenwaffen nicht zustimmen / Zuerst müssen zwei westeuropäische Nato-Staaten die Stationierung befürworten

München (taz) - Führende Mitglieder des US-Kongresses bezweifeln, daß die von Präsident Bush für das Haushaltsjahr 1991 geforderten 112 Millionen US-Dollar zur weiteren Entwicklung einer Nachfolgewaffe für die bislang vor allem in der BRD stationierten atomaren Lance-Kurzstreckenraketen bewilligt werden. Angesichts der Bedeutung dieser Waffen für die Nato-Strategie der flexiblen Antwort zeichnet sich eine Auseinandersetzung zwischen Kongreß und Pentagon sowie der militärischen Führung der westlichen Allianz ab.

Gegenüber der taz äußerte gestern am Rande der Münchner „Wehrkundetagung“ der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im US-Abgeordnetenhaus, Les Aspin (Demokraten) die Erwartung, daß der Kongreß die Haushaltsmittel, „wenn überhaupt, nur unter der Bedingung freigeben wird, daß vorab zwei westeuropäische Nato-Staaten ausdrücklich ihre Bereitschaft zur Stationierung der neuen Kurzstreckenraketen erklären“. Da dies jedoch „höchst unwahrscheinlich“ sei, werde der Kongreß im Endeffekt „der Administration die Gelder nicht zur Verfügung stellen“. Das ranghöchste Mitglied der Republikaner im Streitkräfteausschuß des Senats, William Cohen, erklärte, die Gelder würden „auf keinen Fall bewilligt“. Die von Bush geforderten 118 Millionen US-Dollar für neue flugzeuggestützte atomare Abstandsraketen wird der Kongreß nach Ansicht Aspins jedoch voraussichtlich bewilligen, zumal die beiden vorgesehenen Stationierungsländer BRD und Großbritannien bislang keine Bedenken gegen diese neuen Waffen geäußert hätten. Der Oberkommandierende der Nato, US -General John Galvin, wandte sich scharf gegen einen Verzicht auf die Lance-Nachfolgeraketen und kündigte an, dies auch Mitte Februar bei Anhörungen des US-Kongresses zu vertreten. Die „weiterhin notwendige atomare Abschreckung als Teil der Strategie der flexiblen Antwort“ sei „nur glaubwürdig“ mit „frontnah landstationierten Atomwaffen“. Die neuen Lance-Raketen auf „ihren hochmobilen Werfern“ seien für die Aufrechterhaltung der Nato-Strategie unverzichtbar und viel wichtiger“ als die neue Atomatillerie, die zur Zeit in den USA produziert und ab Januar 1991 in der BRD stationiert werden soll, erklärte Galvin.

Karsten Voigt und andere sozialdemokratische Teilnehmer der „Wehrkundetagung“ forderten einen unverzüglichen Nato -Beschluß zum Verzicht auf die neuen Lance-Raketen sowie die Aufnahme von Ost-West-Verhandlungen mit dem Ziel einer Null -Lösung in dieser Waffenkategorie. Verteidigungsminister Stoltenberg beharrte jedoch darauf, daß die Entscheidung, wie von der Nato im Mai 1989 beschlossen, erst 1992 getroffen werde.

Andreas Zumach

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