Der „Aspirin-Plant„-Komplex

■ Der technologische Stand der Fabrikationsstätten von Rabta / Noch fehlen wichtige Steuerungsinstrumente

„Aspirin Plant“ nennen die europäischen Gastarbeiter in Libyen das „Technology Center“ Rabta - eine ironische Anspielung auf die Behauptung der Regierung, die dortige Chemiefabrik sei zur Herstellung von Arzneimitteln bestimmt. Der gesamte Rabta-Komplex besteht aus rund zehn größeren Gebäude-Einheiten, darunter die etwas abseits gelegene Giftgasfabrik. Letztere soll zu 90 Prozent fertiggestellt sein. Ein Experte in Washington umschrieb gegenüber der taz den technischen Stand der Dinge dort so: „Die Betreiber sind aus der Phase des Experimentierens heraus, aber noch nicht zur Serienproduktion fähig.“ Also irgendwo zwischendrin. Kleine Mengen werden offenbar schon produziert.

Schwierigkeiten bereitet in der wüstenähnlichen Gegend vor allem die Wasserversorgung sowie das Fehlen wichtiger Komponenten für die elektronische Prozeßsteuerung. Die Anlage muß daher bislang manuell gesteuert werden. Verstärkt werden die Probleme durch das Fehlen qualifizierter Techniker. Möglicherweise wurden jüngst Ingenieure aus Pakistan angeheuert. Als Problemzone haben US -Geheimdienstler einen sogenannten „Field Multiplexer“ Marke Siemens ausgemacht, eine Art automatisches Ventilsystem, mit dem das Mischungsverhältnis verschiedener Chemikalien automatisch reguliert wird. Dazu fehlen wichtige Computerkomponenten.

Um die Anlage zu komplettieren, versuchen die libyschen Betreiber verstärkt, über Strohmänner und Tarnfirmen an Material und Chemikalien zu gelangen. So hat das Bundeswirtschaftsministerium die chemische Industrie aufgefordert, sich bei bestimmten Kaufanfragen unbedingt von der Seriosität der Kunden zu überzeugen.

Zum Rabta-Komplex gehören auch Fabrikationsstätten für Kampfstoffträger. Hier sind vor allem japanische Firmen aktiv. Betriebsbereit sind nach US-Angaben die Anlagen für die Produktion von Granaten (Artillerie-Munition) und Bombenbehältern (für Flugzeugabwurf). Gewerkelt wird noch an der Halle für Raketenbau, für den allerdings größtenteils noch die Technologie fehlt. In München steht noch die Hauptverhandlung gegen die Firma „Globe-Sat“ an, die für Raketen verwendbare Ventilsteuerungsgeräte nach Libyen geliefert haben soll. Unbestätigt sind bisher Gerüchte, in Rabta würden deutsche Techniker an Raketen basteln. „Ob das mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann“, so ein US -Regierungsbeamter, „wäre immerhin eine gute Frage an die Bundesregierung.“