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Stockende Ermittlungen

Vor einem Jahr hing das Schwarzwald-Kaff Lahr wochenlang im Fadenkreuz der Weltpresse, zoomten TV-Teams den Firmensitz der Imhausen-Chemie in die Wohnstuben rund um den Globus: Technologie-Söldner der kleinen Firma hatten sich zum Bau einer Giftgasfabrik in Libyen verdingt. Ein Jahr später gehen die Passanten auf dem Bürgersteig vor der Villa der Skandal-Firma in der Hauptstrasse ihren gewohnten Gang, ohne auch nur den Kopf zu wenden. Die örtliche Friedensbewegung, die dort vor zwölf Monaten auf einem Spruchband noch flachste: „Wann kommt der US-Vergeltungsschlag auf Lahr?“, hat ihre Aktivitäten wieder auf das ihr vertraute Terrain des kanadischen Militärflughafens vor den Toren des Städtchens verlegt.

Alltag auch bei der Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in Mannheim, auf deren Schreibtischen sich die strafrechtliche Aufarbeitung der Causa Imhausen vollzieht; in den Gängen übereinander gestapelte Bananenschachteln mit der nicht mehr ganz so frischen Ausbeute zweier Razzien in den Imhausen-Büros. Mit Hilfe von Experten und Gutachtern kämpfen sich die Fahnder durch Berge von Firmenkorrespondenz, Bankbelegen und Blaupausen. „Schließlich war das ganze auf Verdunkelung angelegt“, erklärt Amtsleiter Dr. Wechsung das Puzzle-Spiel, an dem eine Sonderkommission des BKA seit Monaten knobelt.

Ermittelt wird unter dem Aktenzeichen 600 JS 23/89 gegen den ehemaligen Firmenchef Jürgen Hippenstiel und weitere Imhausen-Angehörige sowie gegen den Geschäftsführer der Salzgitter Industriebau, Andreas Böhm, wegen Verletzung des Außenwirtschaftsgesetzes. Dessen Strafrahmen (bis zu drei Jahren Knast) könnte wegen Steuervergehen noch aufgestockt werden. Als einziger der Beschuldigten muß Hippenstiel auch nach zwei Haftprüfungsterminen - wegen Fluchtgefahr im Untersuchungsgefängnis auf die Anklageschrift warten. Über den Zeitpunkt der Anklage-Erhebung wagt Dr. Wechsung keine Prognose.

Als „Mitbeschuldigten“ wird übrigens auch gegen Dr. Ihsan Barbouti ermittelt, jenen staatenlosen Iraki, der mit seiner Firma IBI-Engineering (Ihsan Barbouti International) in Frankfurt als Generalunternehmer für den Rabta-Komplex tätig war. Offenbar ist Barbouti abgetaucht. US-Geheimdienstler vermuten ihn im Irak.

Ihre Ermittlungen eingestellt haben bereits im letzten September die schweizerischen Behörden. Imhausen hatte eine, Ihsan Barboutis IBI gleich drei Briefkastenfirmen in der Alpenrepublik installiert. Die Ermittlungen ergaben, daß Lieferungen und Finanzierungen über die Schweiz abgewickelt wurden, eidgenössische Gesetze seien jedoch nicht verletzt worden. Zwar wurde schon 1985 die Substanz Thionylchlorid nach Libyen ausgeführt, doch die Ausfuhr dieses klassischen Grundstoffes für die Giftgasherstellung ist erst seit März 1989 genehmigungspflichtig.

In der belgischen Hafenstadt Antwerpen sitzt der Spediteur Jozef Gedopt in U-Haft. Seine Firmen J. G. Trading und Cross Link hatten die Materialtransporte arrangiert, z. B. mit dem Dampfer „Roubini“, der auf dem Papier nach Hongkong, auf realer See aber nach Tripolis schipperte.

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