Für Osteuropa ein Plätzchen am Rande

Brüssels Eurokraten bieten den Reformländern Osteuropas die Assoziation in der EG an  ■  Aus Brüssel Michael Bullard

„Solidarität mit den Ländern Mittel- und Osteuropas“ stand am Montag im Brüsseler Ratsgebäude auf dem Programm. Im Prinzip stimmten alle 12 EG-Außenminister dem Konzept der EG -Kommission zu, den osteuropäischen Reformländern eine Assoziation in Aussicht zu stellen. Assoziierung heißt dabei: Ausbau der bereits ausgehandelten oder anvisierten Handels- und Kooperationsabkommen in Richtung Freihandel und engere wirtschaftliche Zusammenarbeit, aber auch technische und finanzielle Hilfe, Förderung der Infrastruktur sowie regelmäßiger politischer Dialog und zu guter Letzt Informations- und Kulturaustausch. Die interessierten Länder müssen allerdings erst einige Bedingungen erfüllen: Ein Rechtsstaat muß gewährleistet sein, der die Menschenrechte respektiert, ein Mehrparteiensystem zuläßt und freie Wahlen abhält.

Auch im Falle der Türkei bestätigten die Minister ihre ablehnende Haltung gegenüber neuen Mitgliedern. Zu Unstimmigkeiten kam es erst, als über die finanziellen Konsequenzen der „freundlichen Geste“ diskutiert wurde. Der umstrittenste Aspekt des Kommissions-Vorschlags war von vorneherein ausgespart worden: Die militärpolitischen Konsequenzen werden nächste Woche auf der ersten Konferenz von NATO und Warschauer Pakt über „die offenen Himmel“ in Ottawa weiter diskutiert.

Wie Kommissions-Präsident Delors schon Mitte Februar in Straßburg betont hatte, würde das anvisierte Ausmaß der Entwicklungshilfe-Ost drastische Konsequenzen für den EG -Haushalt haben. 40 Milliarden DM, so Delors, müßten schon drin sein - jährlich. Das hält inzwischen auch er für übertrieben. Neuerdings will man sich mit der Hälfte begnügen. Genaueres wird die Kommission bekanntgeben, wenn ihre Finanzexperten den Assoziierungsvorschlag mit der mittelfristigen Finanzplanung der EG abgeglichen haben. In den Kreis der „Begünstigten“ sollen neben der DDR die CSSR, Polen, Bulgarien, Rumänien und Jugoslawien aufgenommen werden. Die Sowjetunion bleibt vorerst ausgeschlossen. Als Grund wird die Größe des Landes genannt, dahinter verbirgt sich aber wohl die Unsicherheit über die Entwicklung der östlichen Supermacht.

Während die Eurokraten den Assoziierungsvorschlag für die anderen Länder Mittel- und Osteuropas generell als Ersatz für den EG-Beitritt verstanden wissen wollen, stehen der DDR auch weiterhin alle Optionen offen: Assoziierung oder Vollmitgliedschaft, sei es als 12. Bundesland nach einer Vereinigung mit der BRD oder als 13. Mitgliedsland der EG. „Das Dach der EG wird erweitert, was darunter passiert, ist Sache der Deutschen“, heißt jetzt die Devise in Kommissionskreisen.