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Antes will Schmerzensgeld

■ Klage des zu fünf Jahren Haft verurteilten Ex-Baustadtrats Wolfgang Antes abgewiesen Er wollte 50.000 Mark Schmerzensgeld und eine Rente, weil er sich im Knast nicht ausreichend versorgt fühlte

Der Charlottenburger Ex-Baustadtrat Wolfgang Antes (46), wie er leibt und lebt: Statt schön still zu sein, weil er schon genug Geld abgezockt hat und seine fünfjährige Haftstrafe nicht hinter Gittern, sondern zu Hause und im Cafe verbringt, versucht er jetzt auch noch aus der kurzen Zeit, die er überhaupt im Knast saß, Kaptial zu schlagen. So hatte die 13.Zivilkammer des Landgerichts gestern über eine Klage Antes zu befinden, mit der dieser 50.000 DM Schmerzensgeld und eine Schmerzensgeldrente von monatlich 500Mark vom Land Berlin forderte, weil seine körperlichen Leiden während der Haftzeit angeblich nicht ausreichend versorgt worden seien. Die Klage wurde abgeschmettert. Nach den Worten von Antes‘ Anwalt ist jedoch damit zu rechnen, daß er Berufung gegen das Urteil einlegen wird.

Zur Erinnerung: Der gehbehinderte Wolfgang Antes war im Dezember 1986 als eine der Zentralfiguren des Berliner Korruptionssumpfes zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, weil er sich von Bauunternehmern mit hundertausenden von Mark bestechen ließ. Von seiner Freiheitsstrafe hat der Ex -Baustadtrat allerdings nur ganze 404 Tage im Knast abgesessen: Ein Jahr Untersuchungshaft von November '85 bis Dezember '86 und zweieinhalb Monate zwischen März und Juni 1986. Seither ist die Vollstreckung aufgrund des Gutachtens zweier medizinischer Sachverständiger unterbrochen, die Antes „Vollzugsuntauglichkeit“ bescheinigten. Prognostiziert wurde in dem Gutachten bereits, daß Antes Vollzugsuntauglichkeit mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ dauerhaft sein werde. Eine Nachuntersuchung soll in einem Jahr stattfinden.

Aber Antes wäre nicht Antes, wollte er vom Land Berlin jetzt nicht auch noch für seine 404 Hafttage Schmerzensgeld und eine Rente sehen. Sein Vorwurf: Die damals für ihn zuständigen Staatsanwälte, Richter und Vollzugsbeamten hätten sich einer Amtpflichtsverletzung schuldig gemacht. So sei er im Knast falsch betreut und nicht ausreichend mit Medikamenten versorgt worden, habe keine Haftverschonung gewährt bekommen und sei auch nicht in ein Spezialkrankenhaus verlegt worden. Damit zielt Antes darauf ab, daß er während seines Prozesses von den Haftärzten zeitweilig für verhandlungs- und haftunfähig gehalten wurde, vom Gericht aber keine Haftverschonung bekommen hatte. Das Gericht war nämlich der Meinung, Antes habe seinen Krankheitszustand „vorsätzlich und schuldhaft“ selbst herbeigeführt, weil er zwei operative urologische Eingriffe verweigerte. Der Prozeß war kurzerhand ohne den Angeklagten fortgesetzt worden, der mehrere Wochen im Haftkrankenhaus und später im Klinikum Steglitz lag.

Nach kurzer Verhandlung, zu der Antes nicht erschien, wurde die Klage gestern von der 13.Zivilkammer zurückgewiesen, das keine Amtspflichtsverletzung zum Nachteil Antes‘ feststellen konnte. Die Vorsitzende Richterin, Seipp-Achilles, zweifelte zwar nicht daran, daß es Antes während der Inhaftierung „zeitweilig sehr schlecht ergangen sei“, zumal es für einen Behinderten eine besondere Belastung sei, in Haft zu sitzen. Er sei aber in gewisser Weise selbst schuld daran, weil er erst so spät zu der erforderliche Operation bereit gewesen sei.

plu

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