Bürgerkriegsalltag

■ In der kambodschanischen Provinzhauptstadt Battambang wächst die Sorge um die Versorgung

Battambang (afp) - Rundherum wird geschossen, aber Battambang scheint sich an den Krieg zu gewöhnen. Weniger die Gefahren für Leib und Leben beunruhigen die etwa 100.000 Einwohner der Stadt im Nordwesten Kambodschas. Sie sorgen sich um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kämpfe zwischen Roten Khmer und regierungstreuen Truppen. Auch wenn die Artilleriegefechte in der zweitgrößten Stadt des Landes regelmäßig zu hören sind: das Leben geht weiter. „Während der jüngsten Angriffe der Roten Khmer hat es in Battambang keinerlei Panik gegeben“, sagt Ten Heanh, als Mitglied des Volkskomitees der Provinz Battambang einer der wichtigsten Männer der Stadt. „Allerdings haben einige Familien die Stadt verlassen und sind nach Phnom Penh gezogen. Dies ist aber eher eine Ausnahme in Battambang.“

Die größte militärische Bedrohung sind die rund 2.000 Roten Khmer, die sich in der Provinz aufhalten. Die beiden anderen Gruppen der bewaffneten kambodschanischen Widerstandsbewegung, die Anhänger des Prinzen Norodom Sihanouk und die Gefolgsleute des früheren Ministerpräsidenten Son Sann, greifen kaum in die Gefechte ein. Was Heanh allerdings mehr zu schaffen macht, sind die wirtschaftlichen Folgen. „Wir haben fast die Hälfte weniger Reis geerntet als in normalen Zeiten. Solche Verluste können wir nur schwer verkraften“, sagt Heanh, der auch Direktor der Industriebehörde Battambangs ist. „Das liegt an der Unsicherheit, die unter der Landbevölkerung herrscht. Früher war Battambang die Reiskammer Kambodschas.“

Im Markt von Battambang, einem riesigen Rohbau, der von Bruchbuden umgeben ist, werden Waren aus Thailand, Vietnam und China werden streng getrennt gehandelt. „Einige der thailändischen Produkte werden über Poipet geschmuggelt“, einen Grenzposten rund 100 Kilometer von Battambang entfernt, bestätigt ein Händler. Obwohl die Grenze zu Thailand geschlossen ist, ist das Schmuggeln kein Problem. Wegen der Kämpfe steigen die Preise sehr schnell. „Ich ändere meine Preisschilder täglich“, gibt der Besitzer einer kleinen Drogerie zu.

Noch funktioniert der Nachschub aus der 270 Kilometer entfernten Hauptstadt Phnom Penh. Die Autostraße N5 wird weiter von Regierungstruppen kontrolliert, obwohl die Roten Khmer versuchen, Battambang und die Nachbarstadt Sisophon abzuschneiden. Die meisten Brücken vor Battambang haben sie bereits zerstört. Die Lastwagen müssen die N5 verlassen und ihren Weg durch die Felder suchen. Aber auch wenn die Lastwagen auf der Straße bleiben können: durch die schweren Militärtransporte hat die N5 viele Löcher und Buckel bekommen und ist nur sehr langsam befahrbar. Die Eisenbahnstrecke nach Battambang ist für lange Zeit unterbrochen, nachdem die Roten Khmer drei Brücken in die Luft gesprengt haben.

Abends, kurz vor 19 Uhr, leeren sich die Straßen von Battambang schnell. Dann gilt, seit mehreren Jahren schon, die Ausgangssperre. Battambang gleicht in der Nacht mit seinen Hunderten streunenden Hunden fast einer Geisterstadt. Gestört wird die Ruhe vom Kampflärm vor der Stadt; vor allem aber von den Lastwagen und Panzern der Regierungstruppen, die durch die Straßen rollen.

Jean-Claude Chapon