: EG winkt Pretoria mit Ende der Sanktionen
■ Bedingung: Ein unumkehrbarer Schritt zur Beseitigung des Apartheidsystems - Mandelas Freilassung reiche nicht aus / Südafrikas Rechte mobilisieren gegen de Klerks Regierung: Weißer Protestmarsch am 15.Februar
Brüssel (afp) - Die Europäische Gemeinschaft hat in Anbetracht der von Südafrika angekündigten Reformen in der Rassentrennung eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen in Aussicht gestellt. In einer Erklärung begrüßen die Außenminister der Europäischen Gemeinschaft die Ankündigungen von Präsidenten Frederik de Klerk, machen aber zugleich deutlich, daß sie „weitere Maßnahmen zur vollständigen Beseitigung der Apartheidpolitik erwarten“.
Wie schon in der Gipfelerklärung von Straßburg in Aussicht gestellt, wollen die „Zwölf“ ihre Sanktionspolitik überprüfen, „wenn der (politische) Dialog (mit der schwarzen Bevölkerung) hergestellt ist“. Dem französischen Außenminister Roland Dumas zufolge reiche die Freilassung Nelson Mandelas aber nicht aus. Für eine Wende in der Sanktionspolitik sei „ein unumkehrbarer Schritt zur Beseitigung des Apartheidsystems erforderlich“, sagte er vor Journalisten.
Indessen haben sich südafrikanische Kabinettsmitglieder zur möglichen Aufhebung einzelner Gesetze zur Rassentrennung geäußert. „Wenn eine Einrichtung 200 Leute aufnehmen kann, dann werden wir Maßnahmen ergreifen, damit nur 200 Personen dort hineinkommen. Aber dabei wird nicht nach der Hautfarbe gegangen“, erklärte Planungsminister Kriel. Seine Abteilung unterscheide zwischen „hochsensiblen“ Einrichtungen wie Campingplätzen, „mäßig sensiblen“ wie Bussen und Schwimmbädern sowie „nicht sehr sensiblen“ Einrichtungen, zu denen etwa Bibliotheken gehören. Die Regierung beabsichtigt Kriel zufolge nicht, das Gesetz über getrennte Wohngebiete eine der Säulen des Apartheidsystems - abzuschaffen, ist aber zu Verhandlungen darüber mit dem Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) bereit. Erziehungsminister van der Merwe vertrat die Ansicht, eine unverzügliche und umfassende Aufhebung der Trennung weißer, farbiger und schwarzer Schüler würde ein „riesiges Chaos“ mit sich bringen und „negative Auswirkungen auf die politische Stabilität“ haben.
Die bedeutendste rechtsradikale Partei Südafrikas hat am Montag die Weißen zum Widerstand gegen die neue Politik von Präsident Frederik de Klerk aufgerufen. Der Chef der konservativen Partei, Andries Treurnicht, erklärte am Montag, die fünf Millionen weißen Bewohner Südafrikas stünden jetzt vor der Stunde der Wahrheit. Er sagte, die Weißen seien nicht bereit, unter einer Regierung zu leben, in der der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) das Übergewicht habe. Die konservative Partei beantragte für den 15. Februar die Genehmigung zu einem Protestmarsch auf Pretoria, mit dem sie einen „Freiheitskampf“ der Weißen einleiten will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen