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„Quotierung ... damit wir die AL überrunden...“

■ Berliner Rep-Parteitag: Im Saal dominierte die Sehnsucht nach Sauberkeit, Ordnung und Harmonie in der rechtsradikalen Partei Schönhuber ließ sich feiern, Pagel wurde gewählt

„Die Berliner Luft klatscht man im Takt“, Oliver Straube, kommissarischer Noch-Landesvorsitzender der Berliner Reps bringt den ganzen Parteitag hinter sich, zum ersten und letzten Mal. Der Bundesvorsitzende Franz Schönhuber zieht ein wie FJS selig. Das Deutschlandlied bleibt fürs Ende aufgespart.

Im unter großem Polizeiaufgebot abgesperrten ICC wollen die Reps einen Schlußstrich unter die Intrigen und Machtkämpfe der Ära Andres ziehen, die den „historischen“ Landesverband seit Mitte letzten Jahres schüttelten. Schluß mit Finanzchaos, Handgreiflichkeiten, Dossiers und Schnüffeleien. Andres ging, bevor er gefeuert werden konnte und gründete die Deutschen Demokraten. Fraktion und Landesvorstand liegen im tiefen Grabenkampf, mehrere schon anberaumte Parteitage scheiterten.

Auch heute fehlen mehr als 150 stimmberechtigte Delegierte. Schönhuber erklärt, wie stolz er auf sein DDR-Einreiseverbot ist („das ist die letzte souveräne Handlung der DDR“) und lobt die „hundert jungen DDR-Bürger“, die tags zuvor „im Rathaus des unseligen Momper“ den Landesverband „Brandenburg“ gegründet haben. Dann kommt er nach der Beschwörung der großen Einheit, zur kleinen Einheit. „Stoßen wir Ballast ab, Neurotiker, Asoziale und Halbkriminelle haben keinen Platz in dieser Partei.“ Wenn er einmal nicht mehr Bundesvorsitzender sei, wolle er gern Ehrenmitglied in Berlin werden - aber nur in einem sauberen Verband.

Man beschließt, den Vorstand zu entlasten, aber dennoch Andres und Co. gerichtlich in Regreß zu nehmen. Dann stellen sich die Kandidaten vor. Ekkehard Birkholz (56), Schuldirektor und Ex-SPDler, hat gegen den Jung-Tribunen und Rechtsreferendar Carsten Pagel keine Chance. Altmodisch beschwört er den „Qualitätsstahl, rostfrei und verschmolzen aus Eisen, Chrom und Nickel“, dem die Partei nacheifern solle. Sein Rezept: mehr Straßenstände statt Fax-Geräte, mehr Flugblätter statt einer Zeitung, und Schulung, Schulung, Schulung...

Pagel bietet mehr. Breite Attacken gegen Heinz Galinski und Ibrahim Böhme, gegen die multikulturelle Gesellschaft, die „Bürgerkrieg bedeutet wie in USA, Libanon und der UdSSR“. Man beachte den Zuwachs „ausländischer Jugendbanden in der Stadt“. Was will er der Partei alles schenken: eine Landesgeschäftstelle, einen Landesgeschäftsführer, einen parteieigenen Verlag, eine politische Stiftung, eine Jugendorganisation, Betriebsgruppen (weil die Gewerkschaften Reps feuern) und vielleicht eine Quotierung. „Damit können wir die AL bei der Bundestagswahl überrunden.“

Pagel erhält 158 von 222 Stimmen, Birkholz 62.

kotte

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