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Krümmel-Monster: Blockade erfolgreich

■ Wegen der vergammelten Gleise verhinderte Robin Wood eine Woche lang einen Brennelement-Transport nach Frankreich Kieler Landesregierung hob Betriebsgenehmigung für die Bahnstrecke auf / Polizei hielt sich zurück - Kommunalwahlen in Sicht

Hamburg (taz) - Die bisher längste Blockade eines Atomtransports ist gestern am AKW Krümmel erfolgreich zu Ende gegangen: Genau eine Woche lang hatten Mitglieder der Umweltschutzorganisation „Robin Wood“ mit einem Doppeldeckerbus die überalterten und vergammelten Gleise vor der Reaktorzufahrt besetzt und so den Bahntransport von 32 abgebrannten Brennelementen in Richtung La Hague verhindert. Doch trotz des großen Drucks der „Hamburgischen Electricitätswerke“ (HEW), die das AKW Krümmel betreiben, scheuten sich die schleswig-holsteinische Landesregierung und die Stadt Geesthacht, kurz vor den Kommunalwahlen Polizei gegen die Umweltschützer einzusetzen. Gestern wurde nun bekannt, daß das Kieler Verkehrsministerium schon am Freitag abend der privaten Bahngesellschaft „Altona, Kaltenkirchen-Neumünster“ (AKN) die Betriebsgenehmigung für die Gleise bis zu ihrer Instandsetzung und erneuten Überprüfung entzogen hat.

Robin Wood hatte sich zu der Aktion entschlossen, nachdem der Lehrer Eugen Prinz aus dem benachbarten Schwarzenbek wegen des katastrophalen Zustandes der Strecke von Krümmel bis Geesthacht Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet hatte. In einem Gutachten des Landesbevollmächtigten für die Bahnaufsicht wurden daraufhin zwar eine Vielzahl von Mängeln wie lockere Schrauben, vermoderte Bahnschwellen, abgenutzte Schienenköpfe bestätigt, die Betriebssicherheit zunächst aber nicht in Frage gestellt.

Doch bei einer gemeinsamen Begehung mit Robin Wood, Vertretern der Stadt und einer Gleisbaufirma am Donnerstag trauten die Experten ihren Augen nicht: Die etwa dreißig Jahre alten Schienen waren so abgefahren, daß die Gleisspur streckenweise bis zu sieben Millimeter enger als die laut Vorschrift gerade noch zulässige Mindestbreite verlief. Ein halber Zentimeter nur, der aber bei hohen Geschwindigkeiten Engleisungsgefahr bedeuten kann.

Zwar versprach der Geesthachter Bürgermeister Peter Walter (SPD) daraufhin die umgehende Reparatur der kaputten Gleise, flehte die BlockiererInnen aber buchstäblich an, noch diesen einen Transport durchzulassen. Gerüchte von einer Räumung am Freitag bewahrheiteten sich nicht. Am Sonntag nachmittag schließlich nahm Robin Wood den Bus von der Strecke und ersetzte ihn durch ein von Greenpeace spendiertes fünf Meter hohes Indianerzelt. Auf die Nachricht von dem vorläufigen Transportstopp hin sollte es gestern wieder abgebaut werden. Eigentlich hatten die SchienenbesetzerInnen ja auch die Abschaltung des ganzen Atomkraftwerks gefordert - aber so lange mochten sie denn doch nicht bei Kälte und Regen ausharren.

Gabi Haas

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