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Mehr Sowjettruppen nach Duschanbe

■ Die Behörden in Tadschikistan haben die Kontrolle über die Lage verloren / Ausschreitungen richten sich gegen alle Nicht-Tadschiken

Duschanbe/Moskau (ap/dpa) - Die sowjetische Führung hat ihre Truppen in Tadschikistan verstärkt, um der blutigen Unruhen Herr zu werden, die bereits 37 Tote und 143 Verletzte gefordert haben. Anlaß dieser Unruhen waren Gerüchte gewesen, nach denen armenische Erdbebenopfer aus Baku, die vor den aserbaidschanischen Pogromen nach Tadschikistan geflohen waren, bei der Vergabe von Wohnungen bevorzugt würden. Der Versicherung der sowjetischen Behörden, es seien nur ein paar Dutzend Armenier in Duschanbe und die Gerüchte entbehrten jeder Grundlage, wurde von der Bevölkerung kein Glaube geschenkt. Eine von tadschikischen Nationalisten aufgeputschte Menge stürmte am Dienstag abend das ZK. Das sowjetische Fernsehen zeigte am gleichen Abend Bilder von Zusammenstößen zwischen Polizisten und Demonstranten, von demolierten Fahrzeugen und beschädigten Läden. Angeblich wurde an 200 Stellen in Duschanbe gekämpft. Jetzt richten sich die Ausschreitungen gegen Russen, Ukrainer, Deutsche und andere nichttadschikische Bevölkerungsgruppen. Nach Angaben der sowjetischen Armeezeitung vom Mittwoch forderten die Demonstranten den Rücktritt des gesamten ZK der KP Tadschikistan, eine Verbesserung der Wirtschaftslage und die Wiederherstellung der traditionellen Schreibweise tadschikischer Namen. Einheiten der Armee haben am Mittwoch den Flughafen und die Brotfabriken von Duschanbe gesichert. „Es geht darum“, erklärte der ortsansässige Journalist Juri Semmel, „extremistische Kräfte aufzuhalten, die die Macht ergreifen wollen“. Meldungen zufolge sollen die Unruhen auch auf Frunse/ Kirgisien übergegriffen haben.

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