AKW Ende April ans Netz?

■ Mainzer Ministerium hat Erörterung über Mülheim-Kärlich ausgewertet / Entscheidung im April

Mainz (taz) - Über die Zukunft des AKWs Mülheim-Kärlich will das Mainzer Umweltministerium nach taz-Informationen noch vor Ende April entscheiden. Die umstrittene AKW-Erörterung vom letzten Jahr ist inzwischen ausgewertet worden. Aber das Ministerium, so Atomfachreferent Dieter Wolf, müsse derzeit nochmals Gutachten einholen, um über die fehlende neue erste Teilgenehmigung (TG) zu entscheiden. Die alte 1. TG war 1988 vom Bundesverwaltungsgericht (BVG) als rechtswidrig verworfen worden. Der Meiler mußte daraufhin sofort abgeschaltet werden.

Wolf zufolge befürchtet Mainz bei einem Nein zur Wiederinbetriebnahme des Reaktors, daß die Rheinisch -Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) klagen. RWE-Sprecher Franken wiegelte diese Frage gegenüber der taz als „hypothetisch“ ab. Das RWE sei „nach wie vor optimistisch“, die 1. TG zu erhalten - vor allem im Hinblick auf Energiemangel in der DDR. Franken: „Wir könnten einiges für die DDR tun, wenn wir Mülheim-Kärlich hätten.“

Doch inzwischen tauchen neue Hindernisse auf dem Weg ans Netz auf. Etwa bei der 8. TG, die den Probebetrieb des AKWs regelt. Der Meiler darf danach nur bis zu einem bestimmten Abbrand der Brennelemente zum Test angefahren werden. Dieser Grenzwert ist aber aus früheren Betriebszeiten bereits annähernd erreicht. Mainz scheut die Möglichkeit, für den Probebetrieb nun auch die 8. TG zu erneuern. Denn jede Änderung innerhalb der TGs erfordert als Maßstab den heutigen Stand der Technik. Genau diesem Maßstab aber ist Mülheim-Kärlich nach Ansicht führender Anti-AKW-Anwälte nicht mehr gewachsen. Das Umweltministerium gedenkt die Barriere zu umschiffen. Wolf zufolge erwägt es - falls die 1. TG durch ist - sofort die 9. TG zu erteilen, die Dauerbetriebsgenehmigung.

Das aber hält Rechtsanwalt Reiner Geulen, der die AKW -Gegnerin Stadt Neuwied vertritt, für rechtswidrig. Ist die neue 1. TG erst erteilt, erklärt Geulen, so müßten nach dem BVG-Urteil immer noch die Folgegenehmigungen 2 bis 8 angeglichen werden. Jede Änderung aber müsse wieder dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Dies aber sei vor allem bei der 2. TG schwierig. Knackpunkt darin: Beantragt wurde damals ein AKW in Kompaktbauweise. Gebaut aber wurde eine Anlage, deren Gebäude derart auseinander gezogen wurden, daß sie nicht mehr dem heutigen Stand entsprechen.AKW-GegnerInnen haben bereits angekündigt, im Genehmigungsfall erneut vor dem Koblenzer Oberverwaltungsgericht zu klagen.

jow