piwik no script img

Jackson beendet Südafrika-Reise

Treffen mit Mandela / Schwarzer US-Bürgerrechtler: „Er ist nicht frei, sondern nur entlassen“  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

„Pastor Jackson hat mir einige gute Vorschläge unterbreitet, die ich an die ANC-Exekutive weitergeben werde“, so Nelson Mandela gestern nach einem Besuch des US-amerikanischen schwarzen Bürgerrechtlers Jesse Jacksons in Soweto. Welche Vorschläge, wollte Mandela nicht sagen. Am Ende seiner vorzeitig abgebrochenen Reise hat Jackson also doch noch seinen dramatischen Auftritt bekommen. Der ehemalige demokratische Präsidentschaftskandidat ist einer jener Politiker, über die man immer stark gemischte Gefühle haben wird. Frank Chikane, Generalsekretär des südafrkanischen Kirchenrates (SACC) und Gastgeber, würdigte Jackson vor allem dafür, daß er Südafrika ständig thematisiert hat. „Wir haben Jesse Jackson schon 1988 eingeladen, aber da bekam er keine Einreisegenehmigung“, sagte Chikane. „Sie haben gedacht, er sei gefährlich.“

In Gefahr brachte Jackson diesmal allerdings vor allem die Massen von Menschen, die sich am Sonntag vor dem Rathaus in Kapstadt versammelt hatten, um auf Mandela zu warten. Die Menge stand dicht an dicht gedrängt. Mitten in diese Menge steuerte Jackson seine Autokolonne, wohl um einen triumphalen Auftritt zu veranstalten. Die Menschen mußten sich noch enger zusammendrängen, um dem Auto Raum zu machen. Jackson verschwand panisch in der Menge, bahnte sich irgenwie einen Weg ins Rathaus. Da wanderte er später etwas verloren wirkend durch die Gänge.

Trotz allem hatte der ehemalige Schützling von Martin Luther King gestern Handfestes zu Südafrika zu sagen. „'Mandela ist frei‘, verkünden die Schlagzeilen in aller Welt“, meinte Jackson. „aber das ist falsch. Mandela ist nicht frei, er ist nur aus dem Gefängnis entlassen.“ Mandela sei ein Mann mit großer Macht, einer Kraft, die er durch Leid gewonnen habe. „Wenn er spricht, zittert die Börse. Aber die Welt kann nicht begreifen, daß ein Mann von Mandelas Größe nicht wählen darf.“ Jackson betonte, daß der Druck auf Südafrika noch aufrechterhalten werden müsse. Doch die Thematisierung von Sanktionen und bewaffnetem Kampf allein sei kontraproduktiv. „Je mehr die Medien sich auf Sanktionen und den bewaffneten Kampf konzentrieren, desto mehr lenken sie ab von gesetzlich verankerter Rassentrennung, von getrennten Wohngebieten, von der Reservierung des Landes für Weiße, von der Möglichkeit echter Verhandlungen.“

Obwohl sich Jackson in den letzten Tagen zurückgehalten hatte, war für die Auswertung seiner Reise zu Hause gesorgt. Zwei eigene Fotografen begleiteten ihn auf Schritt und Tritt, und ein in Südafrika angeheuertes Fernsehteam dokumentierte jede Begegnung. Daß ausgerechnet das reaktionärste kommerzielle TV-Studio gewählt wurde, dafür war wohl eher der SACC verantwortlich. Zum Glück wurde das Team nach Intervention progressiver Filmemacher ersetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen