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Wahlfiasko bei Kommunalwahlen?

■ Krach in Bayern um CSU-„Tarnlisten“ / Bald auch im tiefen BRD-Süden Wahlanfechtungen?

München (taz) - „Das wird lustig, wenn wir am Aschermittwoch in Passau sagen, wählt's die CSU, und die ist überhaupt nicht zugelassen“, ärgert sich CSU-Pressesprecher, Peter Hausmann. Seine Befürchtung kommt nicht von ungefähr. Nachdem der Wahlausschuß in Passau die CSU wegen einer rechtlich nicht zulässigen zweiten „Tarnliste“ von den bayerischen Kommunalwahlen am 18. März ausschloß, ist dies durchaus möglich. Auch wenn der Wahlausschuß in einer Woche über die Beschwerde der CSU und ihrer Zweitliste entscheidet, muß das Blatt sich nicht unbedingt wenden, denn die Zusammensetzung des Wahlausschusses wird die gleiche sein. Letztlich muß die CSU auf den reuigen SPD-Vertreter im Ausschuß hoffen und auf die Stellungnahme der Regierung von Niederbayern als Rechtsaufsichtsbehörde. Nur wenn die Regierung Bedenken äußert und der SPD-Vertreter sich diesen anschließt, können die Christsozialen ihre Mehrheit verteidigen.

Auch in der Landeshauptstadt droht ein Wahlfiasko. Dort versuchte die CSU, sich mit der „jungen Liste“ doppelt zu präsentieren. Der Wahlausschuß sah darin eine „Tarnliste“ und schloß die christsozialen Yuppies von der Kommunalwahl aus. Diesen Ausschluß hält der Münchner CSU -Kreisverwaltungschef und Wahlleiter zwar für „rechtswidrig“. Aber auch in München stehen die Chancen schlecht. Freilich trifft sich auch der Münchner Wahlausschuß nächste Woche noch einmal. Bleiben die Vertreter von SPD, FDP und Grünen jedoch bei ihrem Votum, bleibt die „Junge Liste“ draußen. Da nützt auch die Strafanzeige nichts, mit der ihr Chef Aribert Wolf (CSU) droht. Erst nach dem Urnengang kann die Wahl angefochten werden. Dann würden die Verwaltungsgerichte entscheiden müssen, was aber zwei Jahre dauern kann. In der Zwischenzeit darf der neugewählte Stadtrat trotzdem arbeiten.

Probleme hat sich die CSU mit ihren „Tarnlisten“ inzwischen auch im Landkreis Sulzbach-Rosenberg und im schwäbischen Bobingen bei Augsburg eingehandelt. In Bobingen ist die CSU, ähnlich wie in Passau, jetzt nicht zur Wahl zugelassen.

Daß diese „Wahlrüffel“ keine Einzelfälle bleiben, dafür wollten nun die bayerischen Grünen sorgen. Ihr Rechtsvertreter, Jürgen Arnold, legte Rechtsaufsichtbeschwerde gegen die Zusammensetzung der Wahlausschüsse ein. Nach § 14 der Gemeindewahlordnung darf nämlich jede Partei nur mit einem Beisitzer im Ausschuß vertreten sein. Vielerorts sitzen jedoch neben dem Wahlleiter, der meist von der CSU gestellt wird, noch zwei weitere CSUler im Ausschuß - und die Grünen werden ausgeschlossen. Der Schwandorfer Oberregierungsrat Haberland wies die Klage der Grünen zurück und erklärte, die Rechtsaufsicht sei für solche Angelegenheiten nicht zuständig. Hiergegen kann jedoch erst nach der Wahl geklagt werden. „Da wird's dann lustig zugehen, da wird allseits angefochten werden“, so der Anwalt. Die bayerischen Kommunalwahlen könnten sich zum Dauerspektakel entwickeln.

Lui

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