piwik no script img

20 Skins verurteilt

■ Nach dem „Koma-Saufen“ zur Randale ins Jugendhaus / Haftstrafen wegen Körperverletzung und Widerstand

Ravensburg (dpa) - Im Ravensburger Skinhead-Prozeß sind gestern elf Angeklagte zu Haftstrafen zwischen sechs Monaten und fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Dabei wurden vom Gericht zum Teil ältere, auf Bewährung ausgesetzte Strafen mitangerechnet. Sechs der elf Freiheitsstrafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Neun weitere Angeklagte erhielten Arrest- und Geldstrafen oder müssen Arbeitseinsätze leisten. Insgesamt befand das Landgericht 20 der 25 angeklagten, meist jugendlichen Skinheads des Landfriedensbruchs, der einfachen und schweren Körperverletzung, des Widerstandes gegen die Staatsgewalt sowie weiterer Delikte für schuldig. Fünf Angeklagte wurden freigesprochen.

Die Verurteilten waren im vergangenen September nach einem Skinhead-Treffen in der Nähe von Ravensburg in die Stadt zum dortigen Jugendhaus gefahren, um „Punks zu klatschen“. Unter Rufen wie „Juda verrecke“ prügelten sie auf Besucher eines Konzertes ein und verletzten sechs junge Leute. Einer von ihnen wurde „halb totgeschlagen“, so der Vorsitzende Richter. Außerdem beschädigten die Skinheads Autos und Fensterscheiben. Zu dem Skinhead-Treffen zuvor, einem sogenannten Koma-Saufen, waren etwa 100 bis 150 Teilnehmer gekommen.

Einer der Rädelsführer erhielt eine Strafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Dabei rechnete das Gericht eine andere Strafe in Höhe von vier Jahren mit ein. Das Gericht blieb in seinen Urteilen insgesamt leicht unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft.

Das Verfahren fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Bei Personenkontrollen waren mehrfach Waffen beschlagnahmt worden. Der Vorsitzende Richter hatte während der neuntägigen Hauptverhandlung eine Morddrohung von unbekannter Seite erhalten. Wie schon zuvor mußte der große historische Schwörsaal, in den das Landgericht umgezogen war, bei der Urteilsverkündung wegen Überfüllung zeitweise geschlossen werden.

„Eigentlich hätten hier noch zehn bis fünfzehn weitere Skinheads stehen müssen“, sagte der Vorsitzende Richter. Diese konnten aber nicht ermittelt werden. Es sei kein politischer Prozeß gewesen. Mit dem Absingen des Horst -Wessel-Liedes hätten die Skinheads jedoch eine „fatale Erinnerung an die Schlägerhorden der SA geweckt“. Viele der Angeklagten seien aber auch aus gestörten Familien gekommen und hätten zum Teil massive Alkoholprobleme gehabt.

Vorwürfe von Verteidigern, das Verfahren sei aufgebauscht worden und das Gericht hätte unter dem Druck von Öffentlichkeit und Medien gestanden, wies das Gericht zurück.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen