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„Die wahren Skins in Verruf gebracht“

■ Skinheads wehren sich gegen ihr „Nazi„-Image / Jugendsenatorin Klein sprach mit sechs von ihnen

Stoppelhaare, Springerstiefel, Bomberjacke. Am Donnerstag abend trafen sich sechs „Glatzen“ anläßlich Anne Kleins erstem „Bezirksgespräch Rechtsradikalismus“ in der Neuköllner Gropiusstadt mit der Jugendsenatorin. Sie erzählten der interessierten Senatorin von den Problemen, die sie als Skins haben, von der Intoleranz der „Haarigen“, für die jeder von ihnen ein rechtsradikaler Schläger sei. „Ihr nicht!“ bekommen sie zu hören, wenn sie in Jugendfreizeitheime reinwollen, vor Konzerten werden sie gefilzt, man behält ihre Ausweise zurück. Die „Minderheit der gewalttätigen Glatzen hat uns 'wahre‘ Skins in Verruf gebracht“, meinen die fünf jungen Männer und Frauen, alle um die 20, einstimmig. „Ich hasse die Nazis genauso, wie ich auch die Antifaschisten hasse“, sagt einer von ihnen. Vor denen haben sie Angst, deswegen möchten sie auch, daß ihre Namen hier nicht genannt werden.

Der Presse gegenüber sind die sechs sehr mißtrauisch, fast feindselig. „Die Zeitungen sind doch mitschuldig daran, daß wir jetzt so verhaßt sind.“ „Die Reporter differenzieren genausowenig wie alle anderen auch - von mir war mal ein Foto im 'Zitty‘, da stand 'Hitlers Enkel‘ drunter!“, erzählt einer sehr aufgebracht. Mit Hitler will er nichts zu tun haben. „Wir Skinheads sind die Sündenböcke, jeder hat eine festgefahrene Meinung über uns und meint, er wisse genau, wie sich 'der Skinhead‘ verhält. Es gibt so viele verschiedene Untergruppen, es gibt die 'Red-Skins‘, die sind links, und die 'Fascho-Skins‘, die 'Nazis‘. Die 'wahren‘ Skins sind aber nicht politisch engagiert. Wir sind eine Gruppe, in der wir die gleichen Bands hören und die gleichen Klamotten tragen. Deswegen machen wir was zusammen.“ In ihrer Freizeit sind sie meistens in Kneipen: „der einzige Ort, wo wir ohne Probleme reinkommen“. Sie wollen Musik machen und sich durch ihre Texte eindeutig von den 'Faschos‘ abgrenzen. „Wir spielen Punkrock - zu unseren Konzerten sollten auch Punks und so kommen, dann sehen die, daß wir zwar Skins, aber keine Nazis sind.“

Dazu brauchen sie dringend einen Proberaum. „Wir finden keinen, das ist wie bei den Punks in den Siebzigern, denen hat auch nie jemand einen gegeben.“ Senatorin Klein meint, sie könne helfen. Mit ihrem „Experimentierfonds“ von 500.000 DM will sie „neue Formen der Jugendarbeit“ unterstützen, die „institutionalisierte Jugendarbeit, wie man sie in Jugendfreizeitheimen findet, soll unbedingt durch neue Projekte ergänzt werden“. Die Senatorin bezweifelt, ob die Jugendklubs mit den Sozialarbeitern als „Berufsjugendlichen“ überhaupt noch attraktiv für junge Leute sind. „Da zerbrechen sich dann 35jährige den Kopf darüber, was der Jugend wohl Spaß macht. Selbstorganisation finde ich viel wirkungsvoller.“

Kurz zuvor hatte sie mit VertreterInnen der Schulen, der Jugendfreizeitheime und der Kirchengemeinden gesprochen, um sich deren Vorschläge für eine bessere Jugendbetreuung, insbesondere im Hinblick auf die in der Gropiusstadt zunehmende Ausländerfeindlichkeit und Gewalt zwischen Jugendgruppen, anzuhören. „Mehr Geld, mehr Raum, mehr Personal“, fordern diese, um erfolgreich die Heranwachsenden von den „Imbißbuden und Spielhöllen“ wegholen zu können. Ähnliches wird Anne Klein wohl auch demnächst in Reinickendorf hören, dort ist das zweite „Bezirksgespräch“ geplant.

Jörg O.Riss

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