Jesus, Maria und Kurt Felix

 ■ S T A N D B I L D

(Verstehen Sie Spaß, Samstag, 17.2., 20.15 Uhr, ARD) Die versteckte Kamera ist eine der genialsten Ideen, seit es Fernsehen gibt. Konfrontiert mit einer Absurdität offenbaren die „Opfer“ etwas, was es sonst in diesem durchchoreographierten Medium eigentlich nicht gibt: Spontaneität. Wo alles einstudiert, simuliert, gelogen und gefälscht ist, müssen diese echten, ungeschminkten Reaktionen auf das Unerwartete einfach begeistern. Deshalb stoßen seit den 50er Jahren die Serienfallen der versteckten Kameras auf ungebrochene Begeisterung - auch bei mir, seit ich in den 60ern Zeuge werden durfte, wie ein präpariertes Goggomobil mit 220 Litern Benzin gefüllt wurde; das Gesicht des Tankwarts werde ich nie vergessen. Unerklärlicherweise schlief die Sendung irgendwann ein, erst vor zehn Jahren wurde sie wiederbelebt, am Samstag gab es ein Jubiläum: die 50. Sendung Verstehen Sie Spaß?, moderiert von Kurt Felix und Paola, einem eher langweiligen Schweizer Ehepaar, mit dumpfem Show-Gehopse und Tingeltangel, eine typische Samstagabend-Schlaftablette a la Ein Kessel Buntes, wäre da nicht die alte und immer wieder schöne Verlade mit der versteckten Kamera. Diesmal war sie im 13. Stock eines Bürohauses postiert, wo man direkt hinter der Aufzugstür eine Dusche aufgebaut hatte. Die Aufzugstür öffnete sich, und vor den Ahnungslosen stand eine Frau unter der Dusche, oder, bei weiblichen Liftfahrerinnen, ein nackter Mann. Kein besonders pfiffiger Einfall, aber immerhin: einige sehr verdutzte Gesichter. Was auffiel: Die Frauen lachten spontan, die Männer murmelten Entschuldigungen und guckten ostentativ weg. Weil nach 30 Jahren Kamerafalle die einfachen, aber guten Ideen Mangelware sind, ist die Sendung mittlerweile mit großem Aufwand verbunden: Kurt Felix hat sich darauf verlegt, Prominente zu leimen, und dafür schreckt er auch vor großen Inszenierungen nicht zurück. So hatte man den Bergsteiger Messner als Führer einer arrangierten Gruppe aufs Matterhorn klettern lassen und oben kurz unter dem Gipfel per Hubschrauber einen kompletten Kiosk mit druckfrischen Zeitungen plaziert. Dem Extremkletterer kam es völlig normal vor, daß dort morgens um sechs ein Kiosk geöffnet ist, er fing sofort an zu schimpfen, daß man jetzt auch hier oben die Natur mit Limoflaschen und Eispapier verschandele. Diese vergleichsweise müden Gags leben davon, daß es eben ein Prominenter ist, den die Zuschauer einmal saudoof und verdutzt bewundern dürfen. Mit der Zeit freilich wird es immer schwieriger werden, Leute mit der versteckten Kamera zu leimen: Während die Menschen in vergangenen Jahrhunderten bei außergewöhnlichen Begebenheiten an ein Wunder glaubten und sich bekreuzigten, dämmert ihnen heute sogleich „versteckte Kamera“, und die entgleisten Gesichtszüge werden in Form gebracht, TV-like und cool. Wunder gibt es, mit Katja Ebstein zu sprechen, zwar immer wieder, aber die notorischen Täter Jesus und Maria sind säkularisiert: Ihr Stellvertreter auf Erden heißt Kurt Felix.

mbr