: Troika als Quartett
■ Hochspung-Amateur Ralf Sonn brach die Vorherrschaft der Profis Mögenburg, Thränhardt und Nagel
Sindelfingen (taz) - Zwölf Jahre lang beherrschten sie die Hochsprungszene: An Dietmar Mögenburg (Olympiasieger 1984), Carlo Thränhardt (mit 2,42 Meter Ex-Hallenweltrekordler) und Gerd Nagel kam niemand vorbei. Die Konkurrenz zeigte zunehmend Resignationserscheinungen, wenn sich die drei zu Beginn des Wettkampfs beim Kampfgericht als anwesend meldeten und dann verschwanden, um in Ruhe einen Kaffee zu schlürfen. Nach zwei Stunden, wenn die Latte auf 2,25 Meter lag, erschienen sie wieder am Tatort und sahnten den Titel ab.
Auch Ralf Sonn mußte sich drei Jahre gedulden, doch bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Sindelfingen klappte das, was sich nach den letzten Wettkämpfen - er steigerte seine Bestleistung auf 2,34 Meter - bereits andeutete: Sonn, der Medizinstudent aus dem badischen Weinheim, löste die Troika ab. Nicht knapp, sondern mit 2,30 Metern zu 2,22 von Thränhardt und Nagel gleich um eine ganze Hochsprungwelt.
Gut, Dietmar Mögenburg, er wird Vater, war im Sindelfinger „Glaspalast“ nicht dabei. „Das wertet den Titel etwas ab, aber trotzdem kann ihn mir niemand mehr nehmen“, meinte der 22jährige. „Akzeptieren müssen sie mich jetzt“, fügte er auf die Frage seines Kontakts zu Mögenburg und Thränhardt („bisher nur oberflächlich flappsig“) hinzu.
Der Unterschied zu den abgeklärten Hochsprungprofis bleibt vorerst bestehen. Sonn: „Ich bin Amateur, verdient habe ich noch nicht viel mit dem Hochsprung.“ Als Amateur sieht sich der 1,97 Meter große Athlet vor allem deshalb, weil er „mindestens ein Drittel seiner Zeit für das Medizinstudium aufwenden will“. „Ich muß wissen, was ich nach meiner Sportkarriere anfangen kann“, betont er, wohlwissend, daß Profikarrieren wie Thränhardt und Mögenburg zu den Ausnahmen gehören.
Die Grundlagen hinsichtlich des Kraftniveaus hatte Sonn während seiner Bundeswehrzeit in der Sportfördergruppe in Mainz erarbeitet, wo er zwölfmal die Woche trainieren konnte. Jetzt legt er mit geringerem Trainingsaufwand (acht Einheiten) sein Hauptaugenmerk auf die Verbesserung der Technik.
Das hat sich ausgezahlt. In Sindelfingen war der erste Versuch über 2,35 Meter, als er die alleinige Aufmerksamkeit des Publikums genoß, sehr knapp.
Ralf Sonn ist noch bescheiden, was seine Sommerambitionen betrifft. „Ich weiß nicht, was die drei draußen zustande bringen“, läßt er doch noch gewisse Furcht vor den Arrivierten erkennen. Die Teilnahme an der EM in Split Ende August ist natürlich sein Ziel. Was er dort gegen die versammelte Weltklasse, außer dem Weltmeister Sotomayor, erreichen kann, hängt von der Tagesform ab. Möglicherweise legt er, auch weil die Olympiade 1992 näher rückt, „mal ein Urlaubssemester ein“. Das höchste Gefühl für einen Amateur.
Karl-Wilhelm Götte
Männer:60 m: Dietmar Schulte 6,66 Sek., 200 m: Michael Schwab 21,39 Sek., 400 m: Carsten Köhrbrück 46,46 Sek., 800m: Joachim Dehmel 1:49,99 Min., 1.500 m: Steffen Brand 3:46,04 Min., 3.000 m: Klaus-Peter Nabein 8:04,66 Min., Hochsprung: Ralf Sonn 2,30 Meter, Weitsprung: Dietmar Haaf 8,21 Meter Frauen:60m: Ulrike Sarvari 7,32 Sek., 200 m: Ulrike Sarvari 23,09 Sek., 400 m: Linda Kisabaka 53,94 Sek., 800 m: Sabine Zwiener 2:03,44 Min., 1.500 m: Anette Hüls 4:17,74 Min., Weitsprung: Stefanie Hühn 6,50 Meter, Kugelstoßen: Iris Plotzitzka 19,31 Meter.
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