: Besorgte Eltern gegen Asbest
■ Schüler sperrten Handwerker aus / Unabhängiges Gutachten wird durch Spenden finanziert
Gestern morgen: 40 Schüler im Sitzstreik vor ihrer Schule in der Lerchenstraße. Dabei hatten sie eigentlich schulfrei, weil in ihrer Schule Asbestwände auf behördliche Anordnung hin versiegelt werden sollten. Handwerker waren bereits bestellt. Aber genau die wollten die Schüler nicht in die Schule lassen, und das gelang ihnen. Die Handwerker zogen unverrichteter Dinge ab.
Im Januar war der 2. Schulelternsprecher, Hans-Udo Homoth, in den Schulfluren auf Löcher in den Wänden aufmerksam geworden, deren Staubkrümel ihm nach Asbest aussahen. Auf eigene Initiative ließ er eine Wandprobe untersuchen. Ergebnis: Ein hoher Asbestanteil. Gefährdungen seien nicht auszuschließen. Dies teilte der besorgte Vater dem Schulleiter mit. Der beantragte umgehend eine sofortige Messung. Nichts passierte, bis Eltern, Lehrer und Schüler beim Senator für Bildung demonstrierten und eine Achtklässlerin bei Buten und Binnen anrief. Montag nachmittag schauten sich Experten des Senators für Bildung, der Asbest-Kommission der Baubehörde und des Gesundheitsamtes die Bescherung an. Und siehe da: Gestern, einen Tag später, rückten bereits die Sanierer an.
Die konnten nicht wissen, daß eine Elternbeiratssitzung sich am
Vorabend einstimmig gegen das Versiegelungsvorhaben ausgesprochen hatte. Das plötzliche Tempo der Behörden hatte die Eltern mißtrauisch gemacht. Die Elternbeiräte forderten deshalb vorab eine Messung durch den TÜV, weil sie befürchten, daß eine Versiegelung der Wände eine unzureichende Maßnahme ist. Elternsprecher Homoth dazu: „Das Vertrauen in die Behörde ist erschüttert, nachdem wir bereits im November letzten Jahres bei verschiedenen Behörden auf Messungen gedrängt hatten.“ Walter Seitz, Referatsleiter für Schulbauplanung beim Bildungssenator: „Eine Messung vor der Sanierungsmaßnahme ist unsinnig. Erst nach der Versiegelung ist eine Messung sinnvoll.“
Davon sind die Betroffenen nicht überzeugt. Auch sie handeln schnell: Ein unabhängiger Sachverständiger ist für heute vormittag bestellt. Er wird durch private Spenden an den Schulverein finanziert. Wenn der zu denselben Ergebnissen wie die Vertreter der Bildungsbehörde und der Gesundheitsbehörde kommt, steht der geplanten Sanierungsmaßnahme nichts mehr im Wege. Während der dafür veranschlagten 14 Tage werden die SchülerInnen im Schulzentrum an die Kerschensteiner Straße und der Stundenplan auf den Nachmittag verlegt.
bear
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