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Tollkühn-betr.: "Nach 'Hau weg den Scheiß'nun 'Behalt den Scheiß', taz vom 12.2.90

betr.: „Nach 'Hau weg den Scheiß‘ nun 'Behalt den Scheiß'“, taz vom 12.2.90

Es ist schön, daß Walter ein Durchblicker ist und schonunslos den Linken ihren Mystizismus und ihre „Argumentationsschwächen“ um die Ohren haut. Leider wirft er aus der Vordertür die linken Illusionen hinaus und läßt durch die Hintertür die anderen wieder hinein: den Glauben, daß die neuzeitliche Fortschrittsreligion eigentlich doch stimmt, daß die ökologischen Probleme eher peripher sind und mit einigen cleveren technisch-„marktwirtschaftlichen“ Maßnahmen gelöst werden können - wahrscheinlich auch den Glauben, daß die formale BRD-Demokratie sich 1990 endgültig und ewig gesichert als inhaltliche Demokratie verwirklicht hat. (...)

Angesichts der Tatsache, daß der „Historikerstreit“ offenbart hat, daß wir immer noch nicht oder schon wieder nicht mehr wissen, unter welcher Krankheit Deutschland 1933 bis 1945 litt, wundert es mich, daß viele meinen, sie könnten der DDR eine instant diagnosis stellen.

Angesichts der in diesem Jahrhundert ziemlich chronisch auftretenden und allseitig gerichteten Desillusionsierungswellen finde ich es schon recht tollkühn, wenn Walter so auftritt, als habe er sämtliche Illusionen überwunden: the disillusioment to end all illusions. Vielleicht sollte in seinen Zukunftsszenarios noch ein bißchen Raum für westliche Börsenzusammen- und Nationalismusausbrüche sein. Dann könnte er es vielleicht zu einer kohärenten Kritik schaffen, nicht zu einer Kritik, die hin- und herhüpft, je nachdem, wie man vom Zeitgeist beschossen wird.

H.Junge, Hamburg

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