: DGB verlangt 15 Milliarden für DDR-Sofortprogramm
■ Bundesregierung prüft Lieferverpflichtungen / Opel verhandelt mit Wartburg?
Bonn (dpa) - Führende Vertreter der bundesdeutschen Wirtschaft und der Gewerkschaften haben Bundeskanzler Helmut Kohl ihre Unterstützung auf dem Weg zur deutschen Einheit und bei der Schaffung einer Währungsunion mit Wirtschaftsreformen zugesichert.
Bei dem Gespräch am Dienstag im Kanzleramt über die weitere innerdeutsche Entwicklung forderte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ernst Breit, Bundeskanzler Helmut Kohl darüber hinaus auf, 15 Milliarden Mark in ein DDR-Sofortprogramm zu stecken. Die Belastungen der deutschen Einheit für die Bundesbürger müßten sozial gerecht verteilt werden. Breit schlug einen „gesamtdeutschen Tisch“ für regelmäßige Zusammenkünfte vor.
Der Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes verlangte von der Bundesregierung, sie solle eine Strategie einschlagen, um die materielle Lage der Menschen in der DDR rasch zu verbessern und Massenarbeitslosigkeit zu verhindern. Das Sofortprogramm könne durch den Verzicht auf weitere Unternehmensteuersenkungen finanziert werden. Die Einführung der Marktwirtschaft in der DDR heißt nach Auffassung Breits nicht, daß die gesamte Ordnung der Bundesrepublik zu übernehmen sei.
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Tyll Necker, sicherte Bundeskanzler Kohl zu, die Wirtschaft sei „zur Zusammenarbeit mit der Bundesregierung, der Regierung der DDR und einer gewählten Volksvertretung jederzeit bereit“.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), Franz Schoser, warnte die DDR-Regierung vor ihrer Absicht, die Verkehrswirtschaft von der Wirtschaftsreform auszuschließen. Der Verkehr sei ein Schlüsselbereich der Wirtschaft und müsse in den Wettbewerb einbezogen werden. Insgesamt müsse jetzt die DDR handeln: zum Beispiel mit der Preisfreigabe, dem Abbau von Subventionen, der vollen Gewerbefreiheit und der Entflechtung der Kombinate. Franz Schoser berichtete, daß die DIHT-Kooperationsbörse DDR inzwischen schon 7.000 Angebote gespeichert habe, davon 4.000 aus der DDR. In den westdeutschen Unternehmen herrsche große Bereitschaft, sich für den wirtschaftlichen Aufbau in der DDR zu engagieren.
Die Bundesregierung prüft zur Zeit den Umfang der langfristigen Lieferverpflichtungen der DDR an die UdSSR und andere Länder des Warschauer Pakts, die ein vereintes Deutschland übernehmen müßte. Dies war am Montag aus dem Bonner Kanzleramt zu hören. Dabei gehe es vor allem um die Lieferung von Maschinen für Industrieanlagen.
Die Opel AG (Rüsselsheim) und der DDR-Autohersteller Wartburg (Eisenach) verhandeln über eine Zusammenarbeit. Opel bestätigte am Dienstag, daß in den vergangenen Wochen eine Vorstandsdelegation in Eisenach war. Opel denke offenbar daran, ein Montagewerk und möglicherweise eine Teilefertigung in Eisenach aufzubauen.
Der Betriebsdirektor des Wartburgwerks, Dr.Wolfram Liedtke, soll sich in den vergangenen Tagen zu Gesprächen in Rüsselsheim aufgehalten haben. Das Wartburg-Werk testet zur Zeit die Opel-Modelle Corsa, Kadett und Vectra mit 60 und 75 PS.
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