: Italiens DC ist tief gespalten
Die „Linke“ geht in die Opposition / Regierungskrise absehbar ■ Aus Rom Werner Raith
Spaltung in der Democrazia Cristiana, Italiens größter Regierungspartei: Auf dem Nationalkongreß - eine Art Parteiparlament - hat die interne „Linke“ ihre totale Absage an die Politik der derzeitigen Fünfparteienregierung (bestehend aus Christdemokraten (DC), Sozialisten (PSI), Sozialdemokraten, Liberalen und Republikanern) und Ministerpräsident Giulio Andreotti, DC, bekräftigt und der derzeitigen Parteiführung des „Großen Zentrums“ um DC -Generalsekretär Forlani und Innenminister Gava die Gefolgschaft aufgkündigt. Alle dem linken Flügel zugerechneten Führungsmitglieder haben ihre Parteiämter niedergelegt, einschließlich Parteipräsident Ciriaco De Mita.
Ausgelöst wurde der schwere Riß in der DC durch die Liquidierung der Antimafiosenkoalition in Palermo, in der junge Christdemokraten um den 40jährigen Rechtsprofessor Leoluca Orlando im Verbund mit Linksunabhängigen, Grünen, Sozialdemokraten, Bürgerinitiativen und Kommunisten den Dunkelmännergeschäften in Sizilien entgegengetreten waren was gleichzeitig zum Ausschluß der arg in Mafianähe gerückten Inselsozialisten von der Stadtregierung mit sich gebracht hatte. Andreotti selbst war Anfang Januar nach Sizilien gereist und hatte, um den unruhigen Koalitionspartner Bettino Craxi in Rom wieder freundlicher zu stimmen, den Abbruch des „Experiments Palermo“ durchgesetzt. Doch dieser Vorgang war nur der letzte Tropfen im randvollen Faß. Zug um Zug hatte Andreotti im Verein mit DC-Chef Forlani und dem Sozialisten Craxi seit der Regierungsbildung vergangenen Juli nahezu alle Schlüsselstellen besetzt, derer sie habhaft werden konnten, von Bankpräsidien und Industrieholdings mit Staatsbeteiligung bis zur staatlichen Fernseh- und Rundfunkanstalt RAI. Geschaßt wurden dabei vor allem Gewährs - und Verbindungsleute der DC-Linken. Darüber hinaus engagierte sich die Regierung Andreotti immer mehr in Vorhaben, die ihr der Partner Craxi diktierte und mit denen sich die sozial engagierten Linkskatholiken nicht anfreunden konnten. So etwa bei der Behandlung Drogenabhängiger, die PSI-Craxi unbedingt allesamt kriminalisieren will (auch wenn sie nicht dealen), oder bei der Frage eines längst fälligen, aber immer wieder verschobenen Antitrustgesetzes, das vor allem den Mediengroßfürsten und Craxi-Andreotti-Forlani -Freund Berlusconi treffen würde.
Versuche, die Spaltung durch allerlei nebulöse Formulierungen zu flicken, sind auf dem Kongreß gleich zu Beginn gescheitert. Guido Bodrato, zurückgetretener Parteivize und vormals persönlicher Sekretär des 1978 ermordeten Aldo Moro, antwortete mit einem trockenen „Wir werden euch austreiben, die DC nur noch als Machterhaltungsverein zu sehen.“ Da die DC-Linken nach den Parteiämtern auch die Regierungsposten niederlegen wollen (sie stellen derzeit zwei Minister und fünf Staatssekretäre), muß Andreotti sein Kabinett umbilden. Das jedoch ist einfach - gleichzeitig nämlich haben auch die industrienahen Republikaner immer deutlicher ihren Unmut gegenüber der Regierung kundgetan und Austrittsabsichten gezeigt. In einigen Gesetzen stimmen sie bereits mit der Opposition. Der Sturz der Regierung ist damit in greifbare Nähe gerückt.
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