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„Ministerpräsident“ Momper reist zu Bush

■ Morgen fliegt der Regierende nach Washington / Seine Wunschliste: Bundestagswahlrecht, freierer Flugverkehr, Zukunft des Rias, Abschaffung der alliierten Militärparaden / Was wird aus Berlin: Groß-Berlin oder Berlin-Brandenburg?

Momper auf großer Mission: Der Regierende Bürgermeister reist morgen zu einem zweitägigen Besuch nach Washington um dort unter anderem Gespräche mit Präsident Bush und Außenminister Baker zu führen. Wie Senatssprecher Kolhoff gestern bekanntgab, soll es dabei um die alliierte Militärparade, den Flugverkehr von und nach Berlin, die Zukunft des Rias und um das Wahlrecht für die Berliner zum Bundestag gehen.

Ein Reisezettel, der die Zusammenfassung zuläßt, Berlin müsse ein „normales Bundesland“ werden. Ob dieses allerdings „Groß-Berlin“ oder, wie die SPD jetzt vorschlug, gar Berlin -Brandenburg heißen wird, ist weiter offen. Vielleicht überrascht der letzte Regierende Bürgermeister von Berlin -West ja wieder einmal Anhänger und Gegner...

Als weiteres wichtiges Thema steht die alliierte Truppenparade auf Mompers Besuchsprogramm. Im Abgeordnetenhaus wurde am Donnerstag abend ein Dringlichkeitsantrag der Regierungsparteien eingebracht, der den Senat zu Gesprächen mit den Alliierten auffordert. Sie sollen zum Ziel haben, in diesem Jahr keine Parade mehr stattfinden zu lassen. Nach Darstellung des Senatssprechers haben lediglich die Amerikaner noch größere Vorbehalte gegen das Absagen der Parade.

Wie bei seinen Gesprächen in Paris und London vor drei Wochen will Momper auch in Washington für ein direktes Wahlrecht für die Berliner zum Bundestag werben.

Während die Berliner CDU unermüdlich Gesamtberliner Wahlen am 6. Mai fordert - ohne daß geklärt wäre, welche Art von Gremium dann gewählt werden soll - dürfte Momper als SPD -Mitglied daran kaum Interesse haben. Durch Gesamtberliner Wahlen wäre faktisch ein Bundesland Groß-Berlin geschaffen, die Chancen für ein Land Berlin-Brandenburg wären damit verbaut. Ob der SPD-Wunsch nach einem solchen größeren Bundesland überhaupt realistisch ist, ist zur Zeit kaum zu eruieren, wäre dafür doch eine Grundgesetzänderung notwendig.

Spekuliert werden darf auch darüber, was passiert, wenn in Ost-Berlin Teile der Verwaltung zusammenbrechen. Zwar wurde gestern nach dem Rücktritt Kracks ein neuer Oberbürgermeister gewählt, er steht allerdings vor kaum lösbaren Aufgaben. Der Finanzplan für den Ostberliner Haushalt weist bereits jetzt eine Deckungslücke von 500 Millionen Mark auf, so der stellvertretende Bürgermeister gestern in der Stadtverordnetenversammlung. Den veranschlagten Ausgaben von 8,5 Milliarden Mark stehen Einnahmen von nur knapp 3,3 Milliarden Mark gegenüber. Wie er weiter ausführte, hat sich „die Lage in Ost-Berlin weiter kompliziert und in verschiedenen Bereichen zugespitzt“. Gerüchte, die vor allem von der CDU-Opposition lanciert wurden, nach denen Momper bei einem Zusammenbruch der Ostberliner Verwaltung gerne Bürgermeister von Gesamt-Berlin werden möchte, wurden gestern vom Senat energisch dementiert. Man wolle mit einer freigewählten Stadtverordnetenversammlung nach dem 6. Mai partnerschaftlich das Zusammenwachsen der beiden Stadthälften organisieren.

kd/tom

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