: Niveau einer kölschen Büttenrede
■ Köln - Bayern 1:1 / Der rheinische Frohsinn verlor sich im Laufe eines müden Spiels
Köln (taz) - Angesichts des karnevalistischen Spektakels, das schon zwei Stunden vor dem Anpfiff für rheinischen Frohsinn im Müngersdorfer Stadion sorgte, geizte Bayern -Manager Uli Hoeneß nicht mit Lob - vor der Partie Köln -Bayern wohlgemerkt. 60.000 Jecken feierten und schunkelten, und dies, so der Stadionsprecher, sei erst der Anfang, denn nun folge das große Spiel. Wie bei so vielen Versprechungen im Karneval mißlang auch hier die Umsetzung der gutgemeinten Absicht in einer merkwürdigen Mischung aus Nicht-Können und Nicht-Wollen. „Den Titel zu holen wird nun sehr, sehr schwer“, konstatierte Paul Steiner, Libero der Gastgeber, nach dem enttäuschenden Endresultat.
Dabei hatte das Spiel recht erfolgversprechend angefangen. Bereits in der vierten Minute gelang Kölns hoffnungsvollstem Talent, Ralph Sturm, auf Vorlage von Häßler und Jensen das vielumjubelte 1:0. In der Folgezeit kontrollierten die Kölner zwar das Spiel, da sie die Bayern sehr früh am Aufbau hinderten, brachten aber nichts zustande, was die Münchner besonders in Gefahr gebracht hätte. So bestand für Torwart Aumann lediglich noch ein einziges Mal Gefahr, als Pierre Littbarski, der auch schon bessere Spiele geliefert hat, einen Freistoß nur um Zentimeter am Tor vorbei zirkelte. Der Rest der ersten Hälfte kann getrost vergessen werden. Ein müdes Gekicke und Geschiebe im Mittelfeld, unterbrochen durch eine Vielzahl von Fouls.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit brachte Bayern-Trainer Jupp Heynckes mit Kögl und Bender zwei neue Spieler, und der verletzte Olaf Thon bescheinigte seinem Coach später ein „glückliches Händchen“. Die beiden Eingewechselten hatten nämlich großen Anteil daran, daß die Kölner nun mächtig unter Druck gerieten. Aber auch die Bayern spielten sich kaum nennenswerte Chancen heraus.
Um das 1:1 zu markieren, bedurfte es in der 54. Minute eines glücklichen Freistoßtores von Kögl, bei dem der Ball von den weit auseinandergestellten Beinen des in der Mauer postierten Kölners Olaf Jansen abgefälscht ins Tor sprang. Vorher hatte Bayern-Kapitän Augenthaler den kleinen Littbarski, vom Schiedsrichter ungeahndet, mit einem Catchergriff zu Boden gestreckt und so diesen Treffer, der ihn später zu einer etwas eigenwilligen Arithmetik inspirierte, vorbereitet. „Ein Punkt, den wir bei einem Mitkonkurrenten holen, zählt praktisch doppelt“, rechnete der schußgewaltige Libero vor, und so wurde dann auch gespielt.
Die Bayern wollten nicht mehr und die Kölner konnten nicht mehr. Uwe Rahn, einst Spieler des Jahres, bewies wieder einmal, daß man 60Minuten Fußballspielen kann, ohne daß es die Zuschauer bemerken, und auch sein Teamkollege Britz sowie die Bayern Mihajlovic und Strunz beherrschen diese Kunst des Tarnens und Versteckens perfekt.
Das Niveau des Spieles näherte sich bedrohlich dem Standard einer kölschen Büttenrede, und schließlich paßte sich auch noch Schiedsrichter Theobald aus Wiebelskirchen (sic!) dem allgemeinen Standard an. Er versagte den Bayern einen klaren Elfmeter, den Torhüter Illgner an Bender verschuldete. Vielleicht ließ Herr Theobald aber auch nur seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn walten, da er die Meinung vertrat, daß dieses Spiel keinen Sieger verdient hätte. Gut gemacht, Herr Theobald! Sie verstehen etwas vom Fußball.
Dieter Göbel
KÖLN: Illgner - Steiner - Jensen, Giske - Janßen, Häßler, Higl, Littbarski, Britz - Rahn (67. Ordenewitz), Sturm (67. Götz)
MÜNCHEN: Aumann - Augenthaler - Grahammer, Kohler (46. Bender) - Reuter, Flick, Mihajlovic (46. Kögl), Strunz, Pflügler - Wohlfarth, McInally
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen