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„Aussitzen a la Thatcher“

■ Gewerkschaften sagten Gespräch bei Senatorin Stahmer ab / Die SPD-Fraktion ist mehrheitlich gegen Tarifvertrag

Der Berliner DGB-Landesverband unterstützt die Gewerkschaften ÖTV und GEW im Konflikt um einen Tarifvertrag für die städtischen Kindertagesstätten. „Die Ablehnung von Gesprächen unter Leitung eines Vermittlers sei eine weitere Eskalation, die völlig unverständlich ist“, erklärte der DGB -Vorsitzende Michael Pagels. Die Streikenden wollten nun endlich ein deutliches Zeichen des Senats sehen. Es sei vorstellbar, daß der Streik ausgesetzt würde, wenn ein ernstgemeintes Gesprächsangebot unter Leitung eines Vermittlers oder Schlichters gemacht würde.

„Im Windschatten der öffentlichen Debatte um die deutsche Vereinigung werden die Alltagsprobleme der Menschen mit Füßen getreten“, meinte der DGB zur Haltung des Senats, einen Vertrag, aber keinen Tarifvertrag abzuschließen. Aus der Sicht des DGB, der sich mit den Gewerkschaften GEW und ÖTV beraten hatte, seien die Gewerkschaften zu einem Kompromiß bereit, so daß es „jetzt kein Argument mehr gibt, das gegen einen Tarifvertrag vorzubringen wäre“. Solidaritätsstreiks anderer Gewerkschaften schlossen Pagels und die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Bretz aus rechtlichen Gründen aus. „Was die Kollegen in den Betrieben allerdings spontan beschließen“, so Pagels, „können wir nicht wissen“.

Der Gewerkschaftsbund befürchtet, daß das „bedingungslose und nicht mehr begründbare Nein“ des Senats auf die anstehenden Auseinandersetzungen der IG Metall in Berlin um die Arbeitszeitverkürzung und der Berliner HBV um den Tarifvertrag zum Ladenschluß Auswirkungen haben wird.

Den von der Bürgermeisterin Stahmer angebotenen Gesprächstermin sagten die Gewerkschaften gestern ab. Zur Begründung wurde angegeben, Frau Stahmer habe „nur über eine zweiseitige Vereinbarung sowie den Verzicht auf arbeitsrechtliche Maßnahmen gegenüber den Streikenden“ und nicht über einen Tarifvertrag sprechen wollen. Die GEW bezeichnete dies als „lächerlich“, die ÖTV kritisierte das Angebot als „Ladenhüter“.

Auch der Landeselternausschuß, der die Pädagogikprofessorin Jutta Schöler und den Arbeitsrichter Klaus Voigt als Vermittler vorgeschlagen hatte, übte gestern noch einmal massive Kritik an der Haltung des Senates. Man lege keinerlei Wert darauf, daß der Versuch, an den Gewerkschaften ein Exempel zu statuieren, „auf dem Rücken unserer Kinder ausgetragen wird“.

Dem Senat könne nicht daran liegen, „den Konflikt soweit zu treiben, bis alle Beteiligten nur noch verletzt herauskommen“, erklärte Senatssprecherin Ingvild Kiele. Wenn sich tatsächlich nichts bewege, würde man auch über die Möglichkeit des Einsatzes von Vermittlern noch einmal diskutieren.

Wenig Bewegung zeichnete sich gestern allerdings in der SPD -Fraktion ab. Auf der Fraktionssitzung wurde der KiTa-Streik nicht diskutiert, die Mehrheit sei jedoch weiterhin gegen einen Tarifvertrag, so SPD-Sprecher Stadtmüller auf Anfrage. Als „Aussitzen a la Thatcher“ bezeichnete die AL -Fraktionssprecherin Heidi-Bischoff-Pflanz das Verhalten des rot-grünen Senats. „Das kann zur Folge haben, daß die Hälfte aller guten ErzieherInnen nach einem erfolglosen Streik abwandert.“

anb/dpa

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