: DSU fährt Attacke gegen Allianzpartner
■ DSU-Generalsekretär Diestel distanziert sich von der Ost-CDU / CDU-Landesleitung äußert „Unverständnis“ / Das Wahlbündnis sei mehr als die „Garnierung westlicher Politikerauftritte“ / DSU-Verfassungsbeschwerde gegen Wahltermin in der Volkskammer noch nicht aufgetaucht
Berlin (taz/ap/dpa) - Mit heftigen Angriffen hat sich die Deutsche Soziale Union (DSU) der DDR von ihrem Allianzpartner CDU distanziert. DSU-Generalsekretär Peter -Michael Diestel erklärte am Rande des politischen Aschermittwochs vor Journalisten in Ruhstorf bei Passau, man müsse in der DDR auf Distanz zur CDU gehen, „wenn man überleben will“. Die DSU dürfe sich nicht „die schmutzige Jacke der CDU“ anziehen.
Neben Generalsekretär Diestel nahm auch der DSU-Vorsitzende Hans-Wilhelm Ebeling an der traditionellen Kundgebung der CSU in Passau teil. Bei dem Pressegespräch am Vorabend sagte der DSU-Generalsekretär, seine Partei habe die Allianz mit dem Demokratischen Aufbruch und der Ost-CDU nur gegründet, um Bundeskanzler Helmut Kohl für seine Kundgebungen in der DDR eine Plattform zu bieten. Die Allianz sei eine „Reverenz“ gegenüber der Politik des Kanzlers. Zur Zusammenarbeit der Bundes-CDU mit der Partei gleichen Namens in der DDR erklärte Diestel, wenn ihn CDU-Generalsekretär Volker Rühe vorher gefragt hätte, dann hätte er ihm von einer Unterstützung der Ost-CDU abgeraten.
Eher defensiv reagierte gestern die Landesleitung der CDU in Berlin auf die Attacken der DSU. Pressesprecher Lück nannte die Äußerungen „hinreichend unfreundlich“. Man habe derzeit jedoch „täglich fünfmal“ Grund, sich zu beschweren und sehe deshalb „noch keinen Handlungsbedarf“. Es sei allerdings „unverständlich, unangebracht und ungerecht“, wenn die DSU zu solchen Wahlkampfmethoden gegenüber einer verbündeten Partei greife. Die Gründung des Wahlbündnisses berühre zwar nicht die Eigenständigkeit der einzelnen Parteien, doch sei die Allianz deutlich mehr als ein „Zweckbündnis zur Garnierung der Wahlkampfauftritte“ westdeutscher Politiker. Man habe sich in der Allianz zusammengeschlossen, um das konservative politische Spektrum zu bündeln.
Bei den Angriffen der DSU geht es, so Lück, nicht um politischen Positionsstreit, sondern um das sogenannte „Blocksyndrom“, das einige dazu motiviere, die ehemaligen Blockparteien pauschal anzugreifen. Nach Lücks Auffassung werden die Attacken der DSU nicht von der ganzen Partei mitgetragen. Alle Mitglieder der Allianz hätten „weitgespannte Flügel“, die es jetzt am Rumpf zu halten gelte. So habe etwa der Berliner DSU-Vorsitzende Sobottka ebenfalls seine Verwunderung über die „harsche Rhetorik“ aus dem Süden geäußert.
Für Wirbel sorgt der DSU-Generalsekretär derzeit nicht nur gegenüber den „verbündeten“ Parteien. Bereits am Freitag will er Verfassungsbeschwerde gegen den Wahltermin am 18. März eingelegt haben, da die Veröffentlichung des neuen Wahlgesetzes so spät erfolgt sei, daß gesetzlich vorgesehene Fristen verletzt worden seien. Die DSU will eine Verschiebung der Wahl erzwingen. Demgegenüber erklärte DDR -Volkskammerpräsident Günther Maleuda, es liege noch keine Verfassungsbeschwerde der DSU vor. Maleuda erklärte weiter, der Text des am 20. Februar vom Parlament verabschiedeten Wahlgesetzes sei am 23. Februar im Gesetzblatt TeilI, Nr.9, veröffentlicht worden. Das Wahlbüro habe nach der Konstituierung der Wahlkommission das Wahlgesetz und die Wahlordnung als Broschüre in einer Auflage von 25.000 Exemplaren für alle Wahlvorstände bereitgestellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen