Weserpark: Alles unter einem Dach

■ Fön für eine Mark ließ Verkehr zusammenbrechen / Weserpark als Massenattraktion / Konkurrenz gibt sich selbstsicher

CD-Player für 199 Mark gibt's jetzt überall. Bei Saturn -Hansa sogar schon für 149 Mark. Trotzdem fielen nach Angaben des Managements am ersten Tag rund 80.000 Leute in „Deutschlands größtes Fachmarktzentrum“ ein. Kein Wunder, daß der Verkehr rund ums Bremer Kreuz zusammenbrach. 70 Polizeibeamten wurden zur Regelung des Verkehrs eingesetzt und dies nicht

nur am Eröffnungstag. Kaum eine kam pünktlich an den Arbeitsplatz. Gestern kamen 60.000 und die Arbeitnehmer kamen wieder pünktlich. Nur auf der Autobahn abfahrt Sebaldsbrück kam es zu den Stoßzeiten noch zu Staus. Inzwischen hat die Polizei heraus, wie sie die Verkehrsrechner überlistet. Heute - zum verkaufsoffenen Samstag - wird wieder der Teufel los sein. Wenn ganz Nord

deutschland Kind und Kegel ins Auto packt, um sich in den Weserpark-Rausch zu stürzen - sind die Innenstädte sicher leergefegt. Weit gefehlt!

Nach Aussagen der innenstädtischen Geschäftsleute lief nach der Eröffnung des Weserparks alles völlig normal. „Wir waren mit dem Umsatz gestern sehr zufrieden“, versichert Horst Breyer, Geschäftsführer von Saturn

Hansa. Bei ihm gibt es schließlich einen CD-Player für 149 Mark und außerdem die größte Schallplattenabteilung in ganz Norddeutschland. Auch Klaus Kallei von der Firma Brinkmann schaut optimistisch in die Zukunft. Ein CD-Player kostet hier 199 Mark, außerdem wartet die Firma mit einem eigenen Meisterbetrieb auf. Und darüberhinaus sei Saturn-Hansa in der Nähe und deshalb die Attraktivität für Phono- und Video -Kunden in der Innenstadt unschlagbar. Kallei: „Denselben Kuchen kann man nicht mehrmals aufteilen. Aber wie sich das letzten Endes auswirkt, weiß keiner. Wir sind ja keine Propheten.“ Apropos Meisterwerkstatt: Rainer Paul vom Fernsehhaus Vahr in direkter Nachbarschaft zum Weserpark läßt sich durch die Riesenkonkurrenz auch nicht schrecken: „Spätestens wenn Reparaturen anfallen, kommen die Leute zu uns zurück. Außerdem gibt es bei uns keine Wald- und Wiesengeräte.“ Der billigste CD-Player kostet bei ihm 398 Mark.

Was ist denn nun dran am Stadtgespräch und Politikum Weserpark? Wer auf das bauhistorische Ambiente der Bremer Innenstadt verzichten kann, findet im Weserpark eine ebensolche: Dieselbe kühle Architektur von innen wie auch von außen - weiß und Glas, gefliester Boden. In dreißig Dienstleistungsbetrieben und

Einzelhandelsgeschäften das gleiche Gewühl wie am verkaufsoffenen Samstag in der Bremer City: Die bekannten Ladenketten, dieselben Sonderangebote. Dazu noch zehn große Fachmärkte.

Einige Angebote - teilweise unter dem Einkaufspreis dienten als Lockvögel: so das Dampfbügeleisen für 17 Mark und als absoluter Renner der Haarfön für nur eine Mark.

Natürlich gibt es auch einen Frisör, eine Post, eine Apotheke. Warum sollte frau dort nicht einkaufen? Es sei denn, sie liebt es, am Samstag vormittag in Ruhe durchs Viertel zu promenieren, mit einem Korb, aus dem oben ein Strauß Porree ragt und unten das Lammhack raustropft, hier und dort ein Schwätzchen zu halten und im Second-Hand-Laden einen verstaubten Fummel zu probieren.

Daß die Menschen ihre Lust und ihre Neugier auf alles lenken, was neu ist was glänzt und was käuflich ist - wen wundert das noch? Wundern würde ich mich allerdings, wenn die Leute, die für einen Haartrockner für eine Mark aus Oldenburg oder Delmenhorst angereist sind - und zwei Stunden im Stau gestanden haben - noch mal wieder kommen. So viele Haartrockner braucht kein Mensch. Beate Ram