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Nicht zu Lasten der Frauen

■ Frauensenatorin Klein und die DDR-Ministerin Böhm zur Vereinigung und der Situation der Frauen / Was wird aus dem DDR-Recht auf Abtreibung?

„Wir müssen verhindern, daß das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird. Der Einigungsprozeß darf nicht im Hauruckverfahren über unsere Köpfe hinweg rollen.“ Frauensenatorin Anne Klein und Tatjana Böhm, Ministerin ohne Geschäftsbereich der DDR, hatten gestern zur ersten deutsch-deutschen Pressekonferenz in Sachen Frauen- und Sozialpolitik ins Rathaus Schöneberg eingeladen. „Wir sehen in diesem Einigungsprozeß aber auch eine große Chance“, sagte Anne Klein, „wenn wir eine gemeinsame, neue Verfassung ausarbeiten, in der soziale Grundrechte wie: das Recht auf Arbeit, das Recht auf Wohnen, das Recht auf KiTa-Plätze und soziale Absicherung verbrieft werden. Sind doch vor allem Frauen in beiden Wirtschaftssystemen auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt benachteiligt. Auch im Zuge des Umbaus der DDR-Wirtschaft werden es die Frauen sein, die an den heimischen Herd verbannt werden. Und sie sind darauf angewiesen, daß weiterhin genügend KiTa-Plätze vorhanden sind, wenn sie als berufstätige Frauen auch Mütter sind.

In kürzester Zeit ist die Frauenpolitik in der DDR zu einem Wahlkampfthema geworden, sagte Tatjana Böhm. „Doch den BÜrgerInnen werden die Köpfe vernebelt.“ War Abtreibung bisher kein Thema, das in der DDR öffentlich diskutiert wurde, so wird jetzt das Recht zum Schwangerschaftsabbruch in „eigener Verantwortung“, das die Frauen vom Staat geschenkt bekamen, vor allem von den konservativen Kräften in Frage gestellt. Und es ist nicht damit zu rechnen, daß der Anschluß der DDR an die BRD in puncto Abtreibung den Frauen einen Fortschritt beschert. „Jetzt, und zwar sofort, müssen die Rechte der Frauen verbrieft werden“, forderte Anne Klein. Einen Schritt, um diese Forderungen umzusetzen, wird die Diskussion und die Erarbeitung einer DDR -Sozialcharta sein, um die sozialen Rahmenbedingungen festzuschreiben. Montag wird der Runde Tisch darüber verhandeln.

m.e.

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