„Einfrieren“ - oder Pflege nach Vorschrift

■ Klinikpersonal im Rudolf-Virchow-Krankenhaus will weiter Dienst nach Vorschrift machen / Stahmer: vorgesehene Bettenkürzungen werden nicht vollzogen / „Keine Versorgungsengpässe im Norden“ / Etwa zehn geriatrische Zentren und Abteilungen geplant

Gesundheitssenatorin Ingrid Stahmer sieht keinen Grund dafür, daß die Beschäftigten des Universitätsklinikums Rudolf Virchow (UKRV) ab Montag wie angekündigt „Dienst nach Vorschrift“ machen.

Die Beschäftigten fordern wegen angekündigter Schließung von Abteilungen des UKRV ein Einfrieren aller Änderungen, bis ein neuer Krankenhausplan erstellt ist. Wie die Senatorin gestern sagte, würden die im Krankenhausplan von 1986 vorgesehenen Bettenkürzungen angesichts der veränderten politischen Situation nicht wie vorgesehen vollzogen. Die Schließungen am UKRV seien zunächst ausgesetzt worden. Die MitarbeiterInnen im UKRV blieben davon jedoch vorerst unbeeindruckt. Der Dienst nach Vorschrift werde nur unter der Voraussetzung beendet, erklärte Personalratsmitglied Reinhard Matull auf Anfrage der taz, „daß ein neuer Krankenhausplan unter Einbeziehung der Beschäftigten der Universitätskliniken entwickelt wird“.

Einen neuen Krankenhausplan kündigte die Senatorin immerhin an. Zunächst will Stahmer eine Bestandsanalyse der Krankenversorgungseinrichtungen im Ostteil der Stadt und im Umland feststellen lassen. Von der AL wird zusätzlich eine Bedarfsanalyse gefordert.

Unabhängig von der vorgesehenen Neufassung des Krankenhausplanes will Stahmer die notwendigen Schritte zu einer „Geriatriereform“ einleiten. Vorgesehen ist die Einrichtung von etwa zehn geriatrischen Zentren oder Abteilungen, die schwerpunktmäßig über Berlin verteilt werden - eins davon soll an das UKRV angebunden werden.

Zum „Bettennotstand“ im Norden Berlins sagte Stahmer, daß in der früheren Planung für den Bezirk Wedding im Vergleich zu anderen Teilen der Stadt Überkapazitäten vorgesehen waren. Auch wenn jetzt vorübergehend Fachdisziplinen wie Hals, Nasen, Ohren, Augen und Neurologie geschlossen werden müßten, werde dies „nicht zu gravierenden Versorgungsengpässen führen“. Die Senatorin setzte sich dafür ein, daß die Leistungen von Abteilungen, die voraussichtlich geschlossen werden müßten, durch angestellte ÄrztInnen im Ambulatorium der AOK in der Weddinger Müllerstraße weiter angeboten werden können. Ob sich das von Kündigung bedrohte Personal des UKRV davon trösten lassen wird, ist allerdings zweifelhaft. Die Gewerkschaft ÖTV, die die Aktion des Klinikpersonals unterstützt, forderte den Senat auf, das Projekt Universitätsklinikum Virchow „unter den neuen politischen Verhältnissen von Grund auf zu überprüfen“. Sie halte es für „unabdingbar notwendig“, daß der Krankenhausplan von 1986 „in seiner Gänze“ ausgesetzt werde.

kotte/maz/dpa