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Flüchtling vor der Polizei versteckt

Gemeinde in Nürnberg bietet einem Hindu aus Bangladesch nach abgelehnten Asylanträgen den Schutz der Kirche  ■  Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) - Seit mehr als sieben Wochen verstecken Mitglieder der evangelischen Kirchengemiende St.Jobst in Nürnberg einen Flüchtling aus Bangladesch vor dem Zugriff der Behörden. Der 26jährige Hindu Aurun Kumar Saha steht nach mehrfacher Ablehnung seines Asylantrags auf der Fahndungsliste der Polizei. Ihm drohen die Abschiebung nach Bangladesch und damit vielleicht Folter und Todesstrafe.

Seit Jahren werden in Bangladesch Hindus als religiöse Minderheit verfolgt, der Islam ist inzwischen Staatsreligion. Sahas Familie flüchtete nach Indien, nachdem sie von Moslems überfallen und von ihrem Bauernhof vertrieben worden war. Aurun Kumar Saha blieb in Bangladesch und schloß sich der oppositionellen Baksal-Partei an. Im August 1985 drangen Anhänger der Regierungspartei in das Zimmer des Ökonomiestudenten ein. Dabei erschossen sie zwei Kommilitonen, Saha konnte entkommen. Als versucht wurde, ihm den Mord anzulasten, floh er in die Bundesrepublik. Dort reiste er am 2. Januar 1986 ein.

Sahas Asylanträge wurden im Oktber 1988 und im Juli 1989 als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, ebenso eine erste Petition an den bayerischen Landtag. Am 17. Januar 1990 haben nun drei Nürnberger Kirchengemeinden eine zweite Eingabe an den Landtag geschickt, um für Saha doch noch eine Duldung in der BRD zu erreichen.

Da dem Hindu aber Abschiebehaft und Abschiebung drohen, hat der Kirchenvorstand der Gemeinde St.Jobst einstimmig beschlossen, den Flüchtling vor dem Zugriff der Polizei zu verstecken. Der Schutz der Kirche sei nötig, weil der demokratische Rechtsstaat dem Flüchtling die erhoffte Hilfe verwehrt habe, argumentiert Kirchenvorstandsmitglied Gabler. Hermann Luther vom Kirchenvorstand St.Lorenz wirft den Behörden und Gerichten vor, sie würden die Situation verkennen, wenn sie glaubten, es sei dem Flüchtling zuzumuten, sich in Bangladesch zu stellen, um dort seine Unschuld zu beweisen. Eine „begleitete Rückführung“, wie sie Innenstaatssekretär Beckstein vorschlägt, kommt für Luther nicht in Frage.

Das Verhalten der Kirche ist nicht ganz neu: Auch in der katholischen Gemeinde St.Johannes-Baptist in Augsburg bekommen seit dem 25. November 1989 sieben Asylbewerber aus Bangladesch Asyl. Vier von ihnen haben Petitionen eingereicht, deren Behandlung vom bayerischen Landtag vorerst zurückgestellt worden ist. Das Innenministerium will erst Informationen über die Lage in Bangladesch beim Auswärtigen Amt in Bonn einholen. Für Ulrike Voß von der Nürnberger Initiative Freie Flüchtlingsstadt ist dies der Beweis, daß sich die Behörden erst auf öffentlichen Druck hin informieren. Sie verlangt, wie im Fall der Sinti und Roma in NRW, daß im Petitionsausschuß Experten zur Situation in den Heimatländern der Flüchtlinge zu Wort kommen.

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