Hamburg: Neue Grüne?

Realo-Massenflucht aus Hamburgs Grün-Alternativer Partei steht bevor / Die GAL ist am Ende / Fraktionsstatus futsch?  ■  Aus Hamburg Jürgen Oetting

In Hamburg deutet alles darauf hin, daß dort schon in den nächsten Wochen eine grüne Konkurrenzorganisation zur GAL entsteht und daß sich in der Bürgerschaft eine siebenköpfige Frauenfraktion unter neuem Namen etabliert. Dann säße für die GAL nur noch eine fraktionslose Abgeordnete mit eingeschränkten parlamentarischen Rechten im Landesparlament. Die GAL-Abgeordnete Kirstin Heyne - die aus Krankheitgründen an den bisherigen Distanzierungsdebatten nicht teilgenommen hatte - solidarisierte sich gestern mit ihren vier aus der Partei ausgetretenen Kolleginnen. Sie bleibt aber noch in der Partei, wie auch die Bürgerschaftsabgeordneten Margret Hauch und Helga Wullweber. Beide sind sich mit den vier Dissidententinnen inhaltlich in der Ablehnung linker Politik und linker Politikformen einig, wollen jedoch noch einen Versuch des Neuanfangs in der GAL wagen. Der aber dürfte schon jetzt zum Scheitern verurteilt sein.

Gestern erklärte der zu den Realos zählende Peter Schwanewilms - bis vor wenigen Wochen Mitglied des Landesvorstandes - er würde ebenso wie Martin Schmidt - ein anderer führender Realo in Hamburg - die GAL verlassen. Weitere GALierInnen aus ihrem politischen Umfeld würden folgen. Damit dürften Helga Wullweber und Margret Hauch die personellen Bezugspunkte für ihre Befriedungsversuche fehlen.

Sie hatten vorgestern angekündigt, daß sie ihren Kolleginnen aus der Partei und in eine Fraktion neuen Namens folgen werden, wenn sich bis zur Mitgliederversammlung am 25. März kein Neuanfang in der GAL abzeichne. Der ist schon deshalb nicht in Sicht, weil es am 25. März kaum noch Realos in der GAL geben wird.

Helga Wullweber erklärte gestern auf taz-Anfrage, sie halte ihr Befriedungsvorhaben inzwischen für weitgehend „aussichtslos“. Sie möchte jedoch nicht blindlings in neue Organisationszusammenhänge stolpern und möchte erst programmatische Grundlagen für die GAL-Konkurrenz schaffen. Die dürften nach Aussage von Frau Wullweber jedoch nicht pauschal systemkonform ausfallen.

Der GAL bliebe nach solcher Entwicklung mit Dagmar Pelzer nur eine fraktionslose Abgeordnete - ohne Antragsrecht und mit einem eingeschränkten Rederecht. Dafür hätte die einzige GALierin in der Bürgerschaft aber einen mächtigen MitarbeiterInnenstab. Mindestens 12 der 14 Fraktionsangestellten gelten als Linke und wollen nur für die GAL arbeiten und nicht für die Aussteigerinnen. Alle 14 sind nur kündbar, wenn die Kündigung von acht Abgeordneten unterzeichnet wird - da ist Dagmar Pelzer vor. „Im Falle der völligen Spaltung schreiben wir Dagmar zu jedem Thema eine Parlamentsrede, die anderen können dann sehen wo sie bleiben“, erklärte GAL-Pressesprecherin Susanne Commerel.