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Fall Pieroth wird Fall über Justiz

■ Opposition ist empört über Justizminister und Generalstaatsanwalt, weil sie Staatsanwälte im Verfahren gegen die Weinpanscher suspendierten / Sie verhinderten damit eine Durchsuchung beim Chef der Staatskanzlei

Mainz (taz) - Der Glykolwein-Skandal des Pieroth-Konzerns weitet sich zur Justizaffäre aus. In vorderster Schußlinie stehen Justizminister Peter Caesar (FDP) und der Koblenzer Generalstaatsanwalt Hans-Joachim Ulrich (CDU). Sie sollen eine Hausdurchsuchung beim Chef der Staatskanzlei, Hanns Schreiner, dadurch verhindert haben, daß sie drei ermittelnde Staatsanwälte abgelöst haben. Schreiner soll gute Kontakte zu einem Exmanager des Pieroth-Konzerns unterhalten. Die rheinland-pfälzische SPD will nun am Mittwoch einen Untersuchungsausschuß beschließen, der noch im März seine Arbeit aufnehmen soll.

Die abgelösten Staatsanwälte hatten entgegen der Weisung ihrer vorgesetzten Behörden die vom Amtsgericht Bad Kreuznach bereits genehmigte Durchsuchung der Wohn- und Diensträume von Staatssekretär Schreiner durchsetzen wollen. Der Grund: Bei einem Ende Januar verhafteten Ex-Pieroth -Manager seien Hinweise auf persönliche Kontakte zu Schreiner, einem angeblichen Schulfreund, gefunden worden. Daraufhin gaben Generalstaatsanwalt Ulrich und Justizminister Caesar am Freitag bei einer Pressekonferenz in Mainz die Ablösung der Ermittler bekannt.

Staatsanwalt Ulrich setzte sich auch über die Verschwiegenheitspflicht hinweg, als er der Presse überraschend den Namen Schreiners preisgab. Damit hat er, so urteilen Rechtsexperten der SPD, auch künftige Durchsuchungen vereitelt.

Der taz sagte Jusitzminister Caesar, er billige Ulrichs Vorgehen, „auch, wenn es mit mir vorher nicht abgesprochen war“. Nach taz-Recherchen wäre eine Durchsuchung von Schreiners Büro, Wagen und Wohnung durchaus gerechtfertigt gewesen. Auch das Amtsgericht Bad Kreuznach hielt das „umfassende Beweismaterial“ der Weinermittler für ausreichend und stellte den Durchsuchungsbefehl aus. Caesar, Ulrich und die Bad Kreuznacher Staatsanwaltschaft behaupteten dagegen, die Beweise und die „alte Schulfreundschaft“ zwischen Schreiner und dem inhaftierten Ex-Pieroth-Manager Adolf Huber hätten als Anlaß für eine Durchsuchung nicht genügt.

Die Indizien sprechen gegen die Justizchefs: Im Beweismaterial befand sich ein Kassiber, den der inhaftierte Huber aus Uni-Klinik Frankfurt schmuggeln wollte, wo er wegen Verdachts auf Herzinfarkt lag. Adresse der vertraulichen Unterlagen war ein gewisser „Hennes“ - alias Hanns Schreiner. Huber bat Schreiner darin, alle möglichen Fäden zu ziehen, um ihm zu helfen. Die Existenz der Unterlagen wurde vom Justizministerium bestätigt. Minister Caesar erfuhr aber erst durch die taz davon. Sein Abteilungsleiter Böhm hatte ihm noch kurz zuvor versichert, in den Unterlagen befinde sich „nichts besonderes“.

Ein weiteres Indiz, das eine Durchsuchung gerechtfertigt hätte: die Freundschaft zwischen Huber und Schreiner scheint enger als bisher angenommen. Caesar zufolge „verbrachten Schreiner und Huber auch mal einen Urlaub zusammen“. Schreiner wollte ferner Huber während der Haft im Krankenhaus besuchen. Nach SPD-Informationen solle er es sich aber anders überlegt haben, als er erfuhr, daß ein Staatsanwalt anwesend sein sollte. Exmanager Huber wiederum gewährte, so die SPD, Schreiners Sohn ein „Darlehen von rund 60.000 Mark“. Die SPD will nun prüfen lassen, ob es sich dabei um eine verkappte Schenkung handelte. Schreiner selbst war gestern nicht zu erreichen.

jow

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