Bremer Hochschulen: Zwischen mangelhaft und ungenügend

■ Hochschulbeirat sieht erhebliche Mängel an Universität und Hochschulen und fürchtet weitere Abkopplung der Hochschulen

Den Bremer Hochschulen droht der Absturz in die akademische Drittklassigkeit. Es gibt zuviele Studenten auf zuwenig Studienplätzen, die Professoren sind mangels wissenschaftlicher Mitarbeiter „unzumutbaren Belastungen mit Routinearbeiten“

ausgesetzt, die Geräteausstattung ist derart mies, das eine beispielsweise an der Hochschule Bremen ausgebildete Studentin anschließend in einem mittelständigen Unternehmen Schwierigkeiten mit moderner Technik bekommt. Kurz: Die bremischen Stätten der

Wissenschaft sind in einem miesen Zustand. Das meint zumindest der Hochschulbeirat des Landes Bremen, ein 25köpfiges Gremium, das den Bremer Senat in Angelegenheiten der Hochschulen berät. Im vergangenen Dezember wurde ein Memorandum zur Hochschulpolitik fertiggestellt, das gestern der Landespressekonferenz vorgestellt wurde. Fazit: Die Bremer Hochschulen rutschen auf einer schiefen Ebene in den Abgrund und Geld für notwendige, einschneidende Strukturverbesserungen ist nicht in Sicht. Oder zurückhaltend, wie Wissenschaftler formulieren: „Vor dem Hintergrund der großen Anstrengungen, die an

dere Industrieländer zum Ausbau ihres Wissenschaftspotentials unternehmen, der erheblichen Aufwendungen der anderen Bundesländer für den Hochschulbereich, zur Bewältigung des weiter deutlich steigenden Studentenzustroms und zur Verbesserung des Forschungsinfrastruktur beobachtet der Hochschulbeirat mit großer Sorge, daß die Konkurrenzfähigkeit der bremischen Hochschulen bereits jetzt in hohem Maße gefährdet ist und bei Fortbestehen der jetzigen Randbedingungen nicht mehr gegeben sein wird.“ Und: „Eine noch weitergehende Abkopplung Bremens von der Hochschulentwicklung der anderen Bundesländer wird

nicht ohne gravierende negative Auswirkung auf die Entwicklungsfähigkeit der Region in wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht sein.“

Besorniserregende Signale erkennt der Hochschulbeirat darin, daß erstens Forschung und Lehre allenfalls in wenigen Einzelbereiche den heutigen Anforderungen genügen, zweitens der Anteil der Bremer Arbeitnehmer mit Hochschulabschluß deutlich unter dem Bundesdurchschnit liegt und drittens die „studierwillige Jugend“ der Region in stärkerem Maße an andere Hochsulen drängt, als umgekehrt Studienbewerber aus anderen Bundesländern nach Bremen wollen.

Trotz der düsteren Prognosen bescheinigt der Beirat dem Senat 1987 mit dem Hochschulgesamtplan einen richtigen Weg gegangen zu sein. Allerdings müsse jetzt erheblich nachgebessert werden, damit Bremen nicht endgültig den Anschluß an andere Hochschulstandorte verliere. Vorschläge des Beirates: Erstens mehr Wissenschaftliche Mitarbeiter, zweitens neue Studiengänge wie beispielsweise Medizin oder wenigstens der Medizin verwandte Studiengänge und ost-oder südeuropäische Sprachen und drittens den erheblichen Ausbau des akademischen Mittelbaus. Kurz: Den Ausbau des gesamten bremischen Hochschulwesens.

Um bürokratische Hemmnisse abzubauen schlägt der Beirat eine Teilentmachtung des neuen Wissenschaftssenators Henning Scherf vor: Bei der Sentskanzlei im Rathaus soll eine Stabsstelle für eine Vereinfachung der Verwaltungsabläufe sorgen und nebenbei noch erreichen, daß die Eigenverantwortlichkeit der Hochschulen gestärkt wird.

Wie ein deutlicher Ausbau von Hochschulkapazitäten und qualität finanziert werden könnte, weiß der Beirat allerdings auch nicht. Statt dessen verwies er auf eine 500 Millionen Forderungen Bremens in Sachen Länderfinazausgleich und die dazu in Karlsruhe anhängige Verfassungsklage.

Bürgermeister Wedemeier hat den Bericht für den Senat in Empfang genommen. Mit den düsteren Prognosen darf sich jetzt der neuzuständige Senator Scherf herumschlagen.

hbk