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Nix wie Ärger mit dem Denken

■ Warum Senatsdirektor Haller fast bereut, am Wochende nachgedacht zu haben

Bremens Wirtschafts-Senatsdirektor Frank Haller gehört zu jener mutaßlichen Minderheit Bremer Beamten, die das Denken auch nach Dienstschluß nicht punktgenau einstellen können, was er seit einigen Wochen für sein „persönliches Pech“ hält. Denn ein freies Februar-Wochenende hat der Chefideologe in Sachen „Bremer Wirtschaftsförderung“ unlängst genutzt, um sich seine Gedanken zu machen, was aus Bremen in einem wiedervereinigten Deutschland innnerhalb eines vereinigten Europas werden könnte. Ergebnis: „Nicht viel“. Jedenfalls wenn alles so weitergeht wie bislang. (taz 5.3.).

Wie es stattdessen weitergehen müßte, hat sich Haller auf sieben Seiten ausgedacht und seither - vor allem Ärger: Aus der Senatskanzlei fing Haller sich den freundschaftlichen Rat ein, - wenn er das Denken schon nicht lassen könne doch wenigstens die Ergebnisse nicht gleich aufzuschreiben. Haller gestern schuldbewußt: „Ich muß an diesem Wochenende einfach zu viel Zeit gehabt haben.“

Kritische Post bekam Haller auch von seinem Senatsdirektoren-Kollegen Otger Kratsch vom Häfenressort. Kratsch sah sich durch Hallers Träume von einem mehr oder weniger internationalen Bremer Flughafen zu einer Klarzustellung genötigt: Die verlängerte Startbahn bleibt für Passagierflugzeuge tabu und exklusiv dem Airbusflügel -Transporter „Super-Guppy“ vorbehalten. Das habe der Senat schließlich den FlughafenanwohnerInnen und der niedersächsischen Nachbargemeinde Stuhr versprochen. Haller findet zwar auch heute noch, „daß Piloten ihre Maschinen im Notfall nicht in die Wiese setzen können, bloß um die verlängerte Startbahn zu meiden“, hat aber auch noch andere Pläne: „Das ganze Umfeld des Bremer Flughafens ist eine Schande. Direkt am Flughafen kann kein Mensch übernachten, weil es nicht mal ein Hotel gibt, und wer deshalb in die Innenstadt fährt, muß durch eine ganze Kette von Schand- und Schrottplätzen.“

Naturgemäß mit mehr Vergnügen hat man in Häfensenator Kunicks Behörde dagegen Hallers Appelle zu einer beschleunigten Modernisierung der Häfen und für verbesserte Autobahnanbindungen gelesen. Denn: Auch unter Bremens Verkehrsplanern geht seit Maueröffnung und Wiedervereinigungsdebatte die Angst um, daß Bonn z.B. die lange geplante Autobahn-Querspange A 281, die das Güterverkehrszentrum an die Autobahnen Richtung Osnabrück und Bremerhaven anbinden soll, plötzlich weniger wichtig finden könnte als z.B. eine Sanierung des DDR -Autobahnnetzes. Ergebnis: Die Bonner Gelder würden gestrichen.

Im Bremer Senat hat man das Brainstorming des Wirtschaftssenatsdirektors inzwischen zur Kenntnis genommen. Nach Hallers Alleingang wollen sich jetzt auch die übrigen Senatoren über die ressortspezifischen Folgen der Wiedervereinigung Gedanken machen. Senats-Lehre aus dem Hallerpapier: Die Ergebnisse sollen diesmal wirklich vertraulich bleiben, bis sich der Senat einig ist.

K.S.

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