Berliner Messepalast nach Leipzig

■ Stadtplaner fordert Verzicht auf neuen Messepalast / Die Hauptstadt soll auf Messekonkurrenz verzichten und stattdessen „Geld an Leipzig übertragen“ / Staatssekretär: „Pfiffige Idee“

Zumindest „sehr pfiffig“ und „interessant“ fand Staatssekretär Dittberner (FDP) von der Senatswirtschaftsverwaltung die Idee, die ihm Stadtplaner Heinz-Jörg Reiher am Wochenende vortrug. West-Berlin sollte auf den geplanten neuen Messepalast am Funkturm verzichten, meint Reiher. Die dafür veranschlagten EG-Zuschüsse sollte der Senat an die Stadt Leipzig übertragen. Ziehe West-Berlin nämlich das „monumentale Bauvorhaben“ durch, würde der traditionellen Messestadt Leipzig eine übermächtige Konkurrenz erwachsen.

An der ersten Ausbaustufe - drei bis vier neue Hallen für mindestens 160 Millionen Mark - will Dittberner allerdings nicht mehr rütteln lassen. Sie sollen schon im Juni 1991 ihre Türen öffnen und sind nach Ansicht von Wirtschaftsverwaltung und AMK sehr dringend nötig. „Tourismus-Börse und Funkausstellung müssen jetzt schon Wartelisten anlegen, weil sie nicht alle interessierten Aussteller unterbringen können“, argumentiert AMK-Sprecherin Rita Stark.

Langfristig haben AMK und West-Berliner Senat allerdings noch viel Größeres vor. Die zusätzlichen Ausstellungsflächen, die jetzt nach Plänen des Frankfurter Architekten Ungers entstehen sollen, sind nur das erste Drittel einer künftigen gigantischen neuen Ausstellungshalle, die die Kapazität der Messehallen verdoppeln würde. Die Konkurrenz unter den Messestädten gebiete diesen Ausbau, meint die AMK-Sprecherin.

Fest beschlossen ist dieses Vorhaben jedoch noch nicht. Und für eine „zukünftige deutsche Hauptstadt Berlin“ sei es doch kaum ein „unzumutbares Opfer“, im Konkurrenzkampf der Messestädte „Verzicht“ zu üben, argumentiert Stadtplaner Reiher.

Eine Verteilung zentraler Aufgaben auf viele verschiedene Städte gebiete schon die föderale Struktur eines künftigen Deutschlands. Ändern wird der Senat die Ungers-Pläne sowieso: Die geplanten Monumentalhallen - zweigeschossig 300 auf 300 Meter - sind nämlich feuerpolizeilich unzulässig.

hmt