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Großbetriebe enteignet

■ DDR-Agrarrechtler: Bodenreform vom September 1945 ist ein unumkehrbarer revolutionärer Akt

Kilometerlange Äcker, Massentierhaltung. So sieht heute die typische DDR-Landwirtschaft aus, die in der Bodenreform von 1945 ihren Ursprung hatte. Damals vergrößerte sich vor allem die Zahl mittlerer und kleiner Höfe. Denn nach der „Verordnung über die Bodenreform“ vom September 1945 wurden in der „Sowjetischen Besatzungszone“ (SBZ) alle Betriebe mit mehr als 100 Hektar Fläche einschließlich ihres Inventars entschädigungslos enteignet. Betriebe unter dieser Größe, deren Besitzer Kriegsverbrecher oder aktive Nazis gewesen waren, fielen ebenfalls unter die Verordnung.

Mit dem Bodenreformland begründeten vor allem Umsiedler aus den ehemaligen Ostgebieten, Landarbeiter und landarme Bauern ihre neue Existenz. Sie wurden als Eigentümer in die Grundbücher eingetragen. Die Ergebnisse der Bodenreform wurden 1947 in den Länderverfassungen der damaligen SBZ und 1949 in der DDR-Verfassung festgeschrieben.

Der DDR-Agrarrechtler Prof. Rainer Arlt legte jetzt ein Gutachten vor, in dem die Bodenreform mit den Ergebnissen der Französischen Revolution verglichen und als unumkehrbarer revolutionärer Akt gekennzeichnet wird. Enteignungen durch Bodenreform, so Arlt, würden auch von der Völkerrechtswissenschaft als rechtmäßig anerkannt, da sich nur die Struktur der Eigentümer, nicht aber die des Privateigentums ändere. Nach den Enteignungen gab es mehr Eigentümer als vorher. Von der Bedeutung des Nutzungsrechts ist bei Professor Arlt allerdings nicht die Rede.

Der Streit zwischen DDR und BRD geht nun weniger um die Behandlung der durch die Bodenreform Enteigneten als um die Entschädigung der Landbesitzer, die in den 50er und 60er Jahren vor dem Kollektivierungsdruck in den Westen flohen und ihr Land zurückließen.

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