piwik no script img

Afghanistan: Putsch gescheitert

Verteidigungsminister wollte gegen Staatschef Nadschibullah putschen / Straßenkämpfe in Kabul  ■  Aus Genf Andreas Zumach

In Kabul hat Verteidigungsminister Shahnawaz Tannai am Dienstag einen Putschversuch gegen Präsident Nadschibullah unternommen. Das berichteten gestern morgen zunächst Kabuler Mitarbeiter der UNO-Beobachtergruppe und des Genfer Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und am Nachmittag dann auch Radio Kabul. Danach bombardierten Flugzeuge der afghanischen Luftwaffe den Präsidentenpalast. In den Straßen Kabuls brachen heftige Gefechte unter Einsatz von Artillerie aus. Besonders umkämpft wurden das Verteidigungsministerium und der Flughafen. Über den Ausgang des Putsches lagen bis zum Redaktionsschluß der taz keine gesicherten Informationen vor. IKRK und UNO-Flüchtlingswerk (UNHCR) erhielten noch um 15 Uhr Berichte ihrer Kabuler Mitarbeiter über andauernde Kämpfe. Gewöhlich gut informierte afghanische Quellen in Genf berichteten zur gleichen Zeit jedoch, der Putsch sei bereits niedergeschlagen, nach dem noch flüchtigen Tannai werde gefahndet. Ebenso wie die Nachrichtenagentur 'Reuter‘ wiesen sie auf gute Kontakte zwischen der Luftwaffe und dem Chef der größten Oppositionsgruppe Hekmatyar hin, der möglicherweise an dem Putsch beteiligt gewesen sei. Morgen sollte in Kabul der Prozeß gegen neun, Tannai nahestehende hohe Offiziere beginnen, die im letzten Oktober versucht hatten, Nadschibullah zu stürzen. Am 23. Februar hatten die ersten Verhandlungen zwischen den beiden Großmächten über eine Befriedung des Afghanistankonflikts stattgefunden. Eine Einigung zwischen Moskau und Washington, die zur Einstellung sämtlicher Waffenlieferungen an die beiden Konfliktparteien führen würde, liegt nicht im Interesse Hekmatyars.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen