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Firma, Feudel, Familie - Frauengruppe

■ taz-Gespräch mit Frauen aus Bremer Männerbetrieben: “... mit den Frauen haben wir Probleme“

Sie stehen in Betriebsversammlungen auf und reden für Frauen. Sie argumentieren gegen Leichtlohngruppen vor der Vertrauensleutevollkonferenz. Sie setzen Frauenförderpläne durch. Nebenbei sind sie Haufrau und Mutter. taz-Gespräch mit Hermine Fischer, Betriebsrätin bei Daimler-Benz, Edith Bernsen, Montiererin und Vertrauensfrau beim Bremer Werkzeug - und Maschinenbau (BWM) und Dagmar Muth, kaufmännischer Angestellte, Vertrauensfrau und Frauenbeauftragte bei Krupp -Atlas Elektronik.

taz:Die Frauenfrage im Betrieb, wie ist der Trend?

Hermine Fischer (Daimler): In einem reinen Männerbetrieb? Da ist die Frauenfrage so ziemlich am Boden (sie lacht). Die Männer haben damit nicht allzuviel am Hut.

...und die Frauen?

Hermine Fischer: Auch nicht, ehrlich gesagt.

Dagmar Muth: Bei Krupp Atlas diskutieren die Männer sogar darüber. Aber mit den Frauen haben wir Probleme. Ein Beispiel: Wir haben eine Aktion gemacht zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz. Da hat es sehr wenig Rücklauf gegeben. Und der war meistens von den Männern ausgefüllt, und die Kolleginnen haben sich kaum gemeldet. Das einzige Thema, wo die Kolleginnen starkes Interesse zeigen, ist der Betriebskindergarten.

Edith Bernsen (BWM): Im Betriebsrat wollen wir mehrere Frauen reinhaben. Da wird jetzt strenger auf Quotierung geachtet. Und die Frauen wollen jetzt auch. Nur die Herren, die sich jetzt angeblich nicht mehr vertreten fühlen, die werden doch etwas nervös.

Warum kommt Ihr an die Frauen so schwer ran?

Hermine Fischer: Ich glaube, weil Frauen ihre Situation auch verdrängen. Viele verheiratete Frauen sagen, ich gehe nur vorübergehend arbeiten, bis ich mir dieses oder jenes angeschafft habe. Also so lange halte ich das alles aus.

Dagmar Muth: Ich denke, es ist leider immer noch eine Erziehungssache. Ich habe das früher auch nur so als Übergang gesehen, weil ich gedacht habe, irgendwann möchte ich ein Kind kriegen. Und als ich dann wirklich zu Hause war, hab ich gemerkt, das ist nicht das, was ich vom Leben erwarte. Und wenn du ein paar Jahre ausgestiegen bist, du kommst ja nicht wieder rein. Und du mußt für deine Rente arbeiten. Viele Frauen sind heute bewußter, wie wichtig die Selbständigkeit ist. Dann geht die Überlegung erst los: Was machst du mit dem Kind? Ich war die einzige berufstätige Mutter in der Abteilung, immer die Rabenmutter. Mittlerweile haben wir drei Kolleginnen, die nach dem Erziehungsurlaub wiedergekommen sind.

Gibt es heute mehr Frauen in Euren Betrieben?

Dagmar Muth: Bei Krupp ist der prozentuale Anteil größer geworden. Aber nichts desto trotz findest du die Frauen immer noch in den unteren Bereichen. Selbst wenn du eine Lehre machst als Industriekauffrau, dann heißt das hinterher, daß du als Kontoristin eingesetzt wirst, nicht als Einkäuferin.

Woran liegt das?

Dagmar Muth: Begründet wird das nicht, da werden die sich hüten. Wenn damals jemand zu mir gesagt hätte, ich setze dich nicht als Einkäuferin ein, weil du irgend wann mal Kinder kriegst, dann hätte ich versucht, denen einen Strick zu drehen.

Du kämpfst nicht darum, als Einkäuferin zu arbeiten?

Dagmar Muth: Eigentlich habe ich schon versucht, für andere dafür zu kämpfen, aber für mich selber nicht. Wahrscheinlich auch, weil es ein Problem ist, wenn Du darum kämpfst und Du machst den ersten Fehler, der wiegt dreimal so schwer wie bei deinem männlichen Kollegen.

Gespräch: Maria Behrendt

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