: Vom Funk zum Tusch
■ „GTE Unlimited“ aus Bremen spielte vor Freunden seltsamen Flickenjazz
Der Name klingt so furchtbar, daß man das Schlimmste vermuten mußte! Aber während des Konzertes entpuppten sich die drei Musiker als ganz angenehme und witzige Zeitgenossen, und so werden sie „GTE Unlimited“ wohl hochironisch gemeint haben - so richtig verstanden habe ich den Gag immer noch nicht. Auch während des Konzerts passierte es ein paarmal, daß der Humor nicht jedem gleich einleuchtete, aber da wurde dann sofort vom Publikum nachgefragt: „Was ist den der Hintergedanke bei dem Titel 'I only have chickeneyes for you‘?“
Auch sonst ging es sehr familiär zu im Studio auf den Häfen: „Alle kennen uns, und wir kennen alle“, begrüßten die Musiker ihre gar nicht so kleine Gemeinde; und ich hatte wirklich das Gefühl, der einzige zu sein, der noch nicht mit
einem der drei Lokalmatadoren ein Bier getrunken hatte.
Uli Sobotta am Euphonium, dem Horn und einmal kurz an der Gitarre; Traugott Thelitz an der Posaune und einem „fast vollständigen Satz Schraubenschlüsseln“ und Gitarrist Michael Klagge spielten eine merkwürdig aufregende Collage aus Schnipseln der verschiedensten Musikstile: Immer nur kurz angetupft wurden Walzer, Rock, Kinderlied und Bluesballade. Von freien Jazzpassagen gings direkt zur Polka, vom Funk zum Tusch. Zusammengeknüpft wurde dieser Flickenteppich mit dem immer präsenten Jazzfeeling und einem sehr sympathischen Lausbubenhumor. Ein behaglicher Swingtitel hieß „Die halbe Praline“, in „Nice Guys these Beatles“ klang alles nach Lennon/McCartney, aber nie konnte man genau sagen,
aus welchem Stück sie geklaut haben.
Bei den Bläsern hörte man deutlich, daß sie viel vom Posaunisten Albert Mangelsdorff gelernt haben, dem sie auch ein Stück widmeten. Dabei klang Sobottas Euphonium (Tenortuba) überraschenderweise noch mehr als Traugotts Posaune nach dem Meister: sogar dessen Sing/Blastechnik, durch die Harmonien und Obertöne gespielt werden können, wurde zu Gehör gebracht. Michael Klagges Gitarre klang noch am herkömmlichsten, er wirkte meist wie der ruhende Pol, um den herum die beiden Tröter sich austoben konnten. Es war ein skurilles und sehr unterhaltsames Konzert: Wenn eine Band eines ihrer Stücke „Das Tück des Glüchtigen“ nennt, kann sie nicht schlecht sein. Willy Tau
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