Kunstlicht

■ Ausstellungsnotstand: Kunst geht nach Gönnen * Ausstellungen im Sanitärbereich, im Möbelmarkt, im Versicherungspalast und einer richjtigen Galerie

Ausstellungsnotstand: Kunst geht nach Gönnen

Ausstellungen im Sanitärbereich, im Möbelmarkt, im

Versicherungspalast und einer richtigen Galerie

Daß Kunst von Gönnen komme, halte ich für eine unlautere Verkürzung. Aber daß sie dorthin geht, mag schon eher der Fall sein. Oder handelt es sich um den wohlverstandenen erweiterten „Kunst-ins-Volk„-Begriff, wenn nach der Welle der Kneipenkunst jetzt „Kunst-im-Geschäft“ auf uns kommt?

Unser erster Ausflug führt uns heute nach Horn, in die Nähe des Rhododendronparks. Die Firma osmers in horn („Traum -Bäder und -Küchen life“) arrangiert immer wieder kleine Ausstellungen, die das hochwertige Sanitärmobiliar dekorativ ergänzen. Diesmal präsentiert sich Wilhelm Maria Thein (Jg. '53) mit seinen Sprüh- und Tropflackbildern. Kleine Eskapaden hinter NOx-reduziertem Ölbrenner; eine Verzettelung in Silberbronce neben neo klassozistischem Waschtisch mit Frotteetüchern; erotisierte Faltenwürfe, mit Schablone gesprüht, in 'Bad in Muschel‘, neben dem schwarzen Einhebelmischer. Das dekorative Element in Theins Arbeiten geht im Osmerschen Ambiente natürlich ins Quadrat, für SanitärkäuferInnen vielleicht gar nicht verkehrt. Wesentlich interessanter, weil raumbesetzend, sind die weißen Holzobjekte Theins über „Spannung“: dünne, von Fäden zum Flitzebogen gespannte Holzleisten und -stäbe, die schlicht und selbstverständlich über Kopfeshöhe streben und sich nicht ums Eschebad, weiß, offenporig kümmern. Im übrigen hängen hier kleine optische Aufheller für die verknitterte Morgenlaune, auf dem Heim-Whirlpool stehen feine Ledertrittchen, von Meisters Hand besprenkelt, das ist kein Scherz. (Horner Heerstr.2).

Der nächste Besuch gilt einem echten Sponsor auf der anderen Weserseite, Möbel Klingeberg in Habenhausen. Klingeberg hat der GadeWe Bestuhlung geschenkt, und nun gibt er der GedeWe-Szene zwischen roten Aufblasschwänen, Kniedecken und Teppichen Platz für eine Gruppenausstellung. Die Arbeit am vornehmsten Ziel einer Galerie, dem Abbau von Schwellenangst, überläßt man in solch einem Fall echten Profis: Ein breit sortierter Möbelmarkt kennnt keine Schwelle. Tom Gefken, Hermann Böke, die beiden Hänel, Mechthild Böger mit ihren Plstiken sowie Peter Herrmann, Heiko Motschiedler und Erika Plamann konfrontieren sich einen leicht irritierten und leicht interessierten Teppichpublikum und stellen die Frage nach der Wallekunst. Betroffensein vom Körper? Verlockung des Symbols? Deformation? Wird man künftig von einer „Waller Schule“ sprechen? (Borgwardstraße 2).

Der Streifzug führt uns in die Innenstadt, zum Palast der Securitas-Versicherung am Wall, da im Inneren des architektonischen Wundmals eine „Securitas-Galerie“ liegen soll. Ein künstlicher Wasserfall, mannshohes Grüngewächs auf Kunsterde, viel Gediegenes (gülden) und Zeitgeistchen (Halogen). Ein wohlgeheizter Pennertraum. Und dort, wo wir ausgestopfte Schreiadler, Plündergut aus aller Welt oder eben fotografisch festgehaltene Schadensfälle vermutet hätten, hängen großformatige Farbexzesse der Kunsttherapeutin (Ottersberg) Frauke Veldkamp. Die schon von Nannen Gelobte („Sinnlichkeit der Farbgebung“) ist eine Freundin des expressiven Schwung- und Wischs, und ihre Bilder passen in die luxurierenden Wandelgänge und neben die digitalen Stechuhren und die unbewältigten Zwischengeschosse voller Kieselsteine wie echte Blumen in die Spielhalle. Eigentlich läßt sich zu den Bildern nichts sagen, weil sie vom Ambiente vernebelt werden. Raus aus dem Ekelklotz! (Am Wall 121).

Dann doch lieber die richtige Galerie, schnell noch mal in die GadeWe, wo der Landeskonservator für frühindustrielles Design und das verschwindende Bild der gigantischen Stahlkonstruktion, Constantin Jaxy, eine Einzelausstellung hat. Ich sage nur „Ponton“, da ist alles drin, 78x420 cm Werftenstimmung zum Staunen und gut für den tiefen Eindruck, die Kohle so schwarz, der Himmel so weiß, da wird nicht gefackelt, und ich würde mich nicht wundern, wenn sowas vornehmlich Männern gefällt. (Reuterstr.9-17, bis 14.März noch). Bu