: Zweistaatlichkeit-betr.: "Neuer Koalitionsknatsch in Berlin", taz vom 5.3.90
betr.: „Neuer Koalitionsknatsch in Berlin“, taz vom 5.3.90
(...) Mit dem Beschluß zur Wiedervereinigung will sich nun auch die AL am Ausverkauf der DDR beteiligen.
Das Festhalten an der Zweistaatlichkeit bedeutet Realitätsferne und Nichtdurchsetzbarkeit - so war von vielen zu hören. Warum sind wir denn noch immer gegen Atomkraftwerke, obwohl diese doch weiterhin gebaut werden? Warum immer noch für Wohnungen und Arbeit für alle? Für den Vorrang der Ökologie?
Ein weiteres Argument: Die Mehrheit ist für Wiedervereinigung. Seit wann bedeutet Basisdemokratie „Mehrheiten“? Haben uns die Mehrheiten gekümmert, als wir den Ausstieg aus der Nato forderten? Als wir Wahlrecht für alle wollten?
Besonders schlucken muß ich allerdings bei dem Argument, mit der Beharrung auf Zweistaatlichkeit würden wir die Chance verpassen, beim Gestaltungsprozeß aktiv mitzuwirken. Ja, haben wir denn über 50 Prozent der Stimmen erhalten bei den letzten Wahlen? Wir sind doch nicht diejenigen, die da auch nur irgend etwas entscheiden könnten in diesem Prozeß.
Die Mehrheitsparteien werden sich ins Fäustchen lachen ob unserer Vorschläge. Engholm spricht bereits jetzt von einer großen Koalition. Ein wiedervereinigtes Deutschland kann nur militärisch und wirtschaftlich bedrohlich sein - mit ihrem Gerede vom Mitgestalten zeigt die AL ihre Politikunfähigkeit.
Wie kann eine Partei freiwillig auf soviel politische Gegenmacht verzichten? Die Beibehaltung der Zweistaatlichkeit wäre eine der wenigen Chancen, die die AL noch gehabt hätte. Angetreten ist sie als wirkliche Alternative zu den Altparteien - und hätte in diesem Fall sogar satte 25 bis 30 Prozent der Bevölkerung in Ost und West hinter sich.
Nicht zuletzt: Nach Auschwitz kann deutscher Nationalismus nicht unschuldig sein! Renate Döhr, Ökosozialisti
in der AL
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