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„Er machte einfach, was er wollte“

Parlamentsvizepräsidentin Schramm (AL) über ihren Rücktritt und über ihr Verhältnis zu Wohlrabe  ■ I N T E R V I E W

Die Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses, Hilde Schramm (AL), hat am Freitag ihren Rücktritt angeboten, nachdem es um den Abbruch der Parlamentssitzung zu einem Eklat gekommen war.

taz: Sie haben ja gesagt, Sie würden „mit Vergnügen“ zurücktreten, und haben dies auch drastisch begründet. Müssen Sie jetzt nicht sogar ganz mit dem Parlament brechen und es auch als Abgeordnete verlassen?

Schramm: Ich kritisiere ja den Betrieb, wie er ist, und nicht den Parlamentarismus an sich. Denn als AL-Frau habe ich mich ja vorab schon darauf eingestellt, den Betrieb zu ertragen, ihn aber nicht ohne weiteres so zu akzeptieren und so zu belassen. Aber natürlich ist es ein Unterschied, ob ich eine Sitzung leiten muß oder nur an ihr teilnehme, ich kann mich dann nicht so einfach entziehen.

Sie haben gesagt, Sie hätten den Gestaltungsspielraum des Amtes für größer gehalten. Wieso war der so klein?

Der war deshalb so minimal, weil ich eben nur die Stellvertreterin war, in diesem Fall von Herrn Wohlrabe. Der kann eben nach der Berliner Verfassung und der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses alle Entscheidungen alleine fällen. Das betrifft durchaus wichtige Personalentscheidungen der Parlamentsverwaltung ebenso wie das Hausrecht, das heißt wer schmeißt wen wann warum und wie raus. Aber das betrifft auch die Außenrepräsentation. Da schreibt er dann im Landespressedienst seine Meinung, und das ist dann eben seine, und für mich bleibt vielleicht ein kleiner Rest. Eine stärkere Öffnung des Parlaments nach außen beispielsweise war eine Idee von mir, die ist an ihm gescheitert. Oder auch Äußerungen in der Öffentlichkeit, da wird ja eigentlich Überparteilichkeit erwartet. War ich mal nicht überparteilich, wurde das gleich massiv kritisiert, vertrat er eine CDU-Meinung, dann wurde das als normal hingenommen. Genauso war das mit den kleinen Fehlern mit den Formalismen der Geschäftsordnung.

Ging das nur um die verbrieften Rechte, oder war da auch eine persönliche Spannung?

Nein, da war keine persönliche Spannung, weil ich ja gar nichts mit ihm zu tun hatte. Er fragte mich ja nie etwas, sondern machte die Sachen, wie er wollte. Auch bestimmte Änderungen der Geschäftsordnungen waren nicht machbar. Da hatte ich das Gefühl, ich kann da nur etwas ändern durch Regelverletzungen. Das war auf die Dauer zu konfliktreich und zog mir den Boden unter den Füßen weg. Das kann man auf die Dauer nicht machen, das ist kein Fundament für ein Amt.

Interview: kotte

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