: Pätzold nennt KiTa-Streik erstmals „rechtmäßig“
■ Innensenator rückt in einem internen Brief von bisheriger Haltung im KiTa-Streik ab / Weg für Tarifverhandlungen frei? / Heute beginnen Verhandlungen unter Vorsitz von Sozialsenatorin Stahmer (SPD) / Der Arbeitskampf in den Kindertagesstätten geht in die 9. Streikwoche
Innensenator Erich Pätzold hat den KiTa-Streik erstmals als rechtmäßig anerkannt. Wie es in einem der taz zugespielten Schreiben seiner Behörde an die Bezirke, die Senatsverwaltung für Frauen sowie Finanzen heißt, sei der Streik entgegen der politischen Bekundungen des Senats „als rechtmäßig anzusehen“. Wörtlich: „Auf der Grundlage der Zentralforderung der Gewerkschaften wird die politische Diskussion fast nur zum Thema Personalbemessung geführt. Daher lautet die politische Erklärung des Senats hierzu, daß es sich um einen rechtswidrigen Streik handele. Da jedoch andererseits der Tarifvertragsentwurf der Gewerkschaften abgesehen von den nicht tarifierbaren Punkten - Gegenstand eines Arbeitskampfs sein kann, (...) ist es geboten, den Arbeitskampf als rechtmäßig anzusehen.“
Läßt man den Amtsschimmel weg, heißt dies nichts anderes, als daß der Senat durchaus in Tarifverhandlungen eintreten könnte. Denn die Gewerkschaften sind bereit, die beiden „Essentials“ ihrer Forderungen, eben Gruppengröße und die ErieherInnenanzahl pro Gruppe, nur in einer „Anlage“ zum Tarifvertrag zu regeln. Damit wollen sie die Vorbehalte des Senats entschärfen, der die Regelung von Gruppen und Personal als einen Eingriff in das Budgetrecht des Parlaments und die „Organisationsgewalt der Regierung“ betrachtet.
Heute setzten sich die Konfliktparteien zum ersten Mal seit 14 Tagen wieder an einen Tisch. Am abend werden die Gewerkschaften und der Senat unter Vorsitz von Sozialsenatorin Stahmer (SPD) verhandeln. Zuletzt hatte man sich Ende Februar zu Gesprächen getroffen, war aber daran gescheitert, daß der Senat überparteiliche VermittlerInnen nicht akzeptierte. Am vergangenen Donnerstag jedoch hatten die Fraktionen von AL und SPD im Abgeordnetenhaus den Senat gemeinsam aufgefordert, wieder zu verhandeln, vermutlich um eine sich androhende gemeinsame Interessenkoalition von AL und CDU für den Abschluß eines Tarifvertrages zu verhindern.
Während die AL weiter für den Abschluß eines Tarifvertrages ist, will die SPD den Gewerkschaften mit einem KiTa -„Vorschalt-Gesetz“ den Wind aus den Segeln nehmen. In einer Vorstufe eines zu beschließenden KiTa-Gesetzes sollen Gruppengrößen und Personal festgeschrieben werden. Gegen eine tarifliche Regelung ist die SPD auch deshalb, weil sich im Falle einer Momper-Interimsregierung über Ganz-Berlin auch die Ost-KindergärtnerInnen auf diese Vereinbarung berufen könnten. Der dritte Vorschlag kommt von Ingrid Stahmer selbst. Sie hat eine „gemeinsame Erklärung“ statt eines Tarifvertrages vorgeschlagen, „damit andere Bundesländer nicht verprellt werden“.
kotte
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen