: Ist Elmar Pieroth ein Weinpanscher?
■ Früherer CDU-Wirtschaftssenator von Manager der Pierothschen Weinfirma schwer belastet / Designierter DDR-Wirtschaftsminister von eigenen Gnaden soll im Glykol-Skandal falsche Aussagen gemacht haben
Der ehemalige Berliner Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU), den die konservative „Allianz für Deutschland“ zur Zeit als Ministerkandidaten im DDR-Wahlkampf präsentiert, ist von einem früheren Manager seines Familienunternehmens schwer belastet worden. Pieroth, Miteigentümer einer großen rheinland-pfälzischen Weinfirma, wird in der heute erscheinenden Ausgabe des 'Spiegel‘ vorgeworfen, in eine der größten Weinpanscher-Affären der letzten Jahrzehnte verstrickt zu sein.
Das Hamburger Nachrichtenmagazin beruft sich auf ein ihm vorliegendes Schreiben des ehemaligen Geschäftsführers der Weinfirma, Werner Klopfer, in dem Pieroth beschuldigt werde, er habe im sogenannten Glykol-Skandal öffentlich falsche Angaben gemacht und sei an „genau abgestimmten Einflußnahmen“ auf die Mainzer Landesregierung beteiligt gewesen. Der CDU-Politiker, der auch heute noch Mitglied des Abgeordnetenhauses ist, hatte dem Magazin zufolge stets beteuert, er habe sich bereits 1971 „vom Geschäft getrennt“. Laut Klopfer sei Pieroth jedoch über die „Geschäftspraktiken“ des Unternehmens informiert gewesen, das nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zwischen 1979 und 1985 rund sieben Millionen Liter Wein mit minderwertigen Zusätzen, darunter auch glykolverseuchten Weinen aus Österreich, verschnitten haben soll. Der Politiker habe Klopfer, so der Ex-Manager weiter, sogar eine Firmenbeteiligung dafür angeboten, daß er „alle Schuld“ auf sich nehme, „um den Namen Pieroth draußen zu halten“.
Es treffe auch nicht zu, daß sich Pieroth von dem Unternehmen ganz getrennt habe. Vielmehr hätten nach seinem offiziellen Ausscheiden aus der Firma Beraterverträge bestanden. Pieroth selbst habe dafür gesorgt, daß nach dem Auffliegen der Glykol-Affäre 1985 Firmengeschäftsführer Adolf Huber „abserviert“ worden sei. Pieroth wies die Anschuldigungen gegenüber dem 'Spiegel‘ als „Unsinn“ zurück. Im übrigen wolle er sich über Angelegenheiten der Firma nicht äußern. Er sei schon seit „vielen Jahren“ nur noch „rein politisch tätig“.
In einer Erklärung teilte der CDU-Politiker am Wochenende mit, die Vorwürfe seien „sämtlich falsch und entbehren jeder Grundlage.“ Gegen Klopfer habe er bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Strafantrag erstattet. Der von Pieroth eingeschaltete Rechtsanwalt werde den Manager unter Klageandrohung zu der umgehenden Erklärung auffordern, daß er „sämtliche verleumderischen Behauptungen nicht weiter aufrecht erhält und jegliche Verbreitung dieser Behauptungen unterläßt“, hieß es. Pieroth soll nach den Vorstellungen der DDR-CDU nach den Volkskammerwahlen am 18. März Kandidat für das Wirtschaftsministerium in Ost-Berlin werden.
Am Freitag hatte das Landgericht Bad Kreuznach drei der fünf am 28. Januar inhaftierten Führungskräfte des Weinkonzerns gegen Kaution und Hinterlegung ihrer Ausweispapiere auf freien Fuß gesetzt. Im Februar 1989 waren vom rheinland-pfälzischen Justizminister Peter Caesar (FDP) drei Staatsanwälte entlassen worden, als sie eine Hausdurchsuchung beim Chef der Mainzer Staatskanzlei vornehmen wollten.
ccm/afp/dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen