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DA-Chef Schnur windet sich in Unschuld

■ Der Parteivorsitzende soll seit 16 Jahren Mitarbeiter der Staatssicherheit gewesen sein / 'Spiegel'-Veröffentlichung erhärtet die Hinweise der Rostocker Untersuchungskommission / Schnur dementiert alle Vorwürfe / Unterstützung von CDU-Politikern aus dem Westen

Berlin (dpa/taz) - Wolfgang Schnur, der Vorsitzende des „Demokratischen Aufbruch“ (DA) weist hartnäckig alle Vorwürfe, er sei jahrelang Mitarbeiter des Stasi gewesen, zurück. In einer Grußbotschaft an den Parteitag des DA in Dresden meinte Schnur gestern, er kapituliere nicht vor der Verleumdungskampagne.

Schnur soll, so teilte es Ende letzter Woche die Unabhänige Untersuchungskomission Rostock dem Vorstand des DA mit, seit 1971 als Informant für den Staatssicherheitsdienst gearbeitet haben. Dies gehe aus Akten hervor. Konkretisiert wurden die Vorwürfe jetzt durch Recherchen des 'Spiegel‘ der sich auf die Aussagen von zwei Stasi-Führungsoffizieren beruft. Das Magazin zitiert einen Stasi-Führungsoffizier namens „Felix“, der bestätigt habe, daß er den Anwalt als „inoffiziellen Mitarbeiter“ von Ende 1980 bis 1984 geführt habe. Er habe ihn an einen MfS-Major „Geiger“ weitergereicht, der Schnur nach eigenen Angaben bis 1989 als Stasi-Mitarbeiter führte. Sein letzter Treff mit ihm habe mitten im Umbruch der DDR am 7. Oktober 1989 stattgefunden, als Schnur bereits im Demokratischen Aufbruch aktiv war.

Laut 'Spiegel‘ berichtete Führungsoffizier „Felix“, er habe Schnur im Durchschnitt alle sechs bis acht Wochen gesehen, und zwar meist in konspirativen Wohnungen in und um Rostock. Schnur, der unter dem Decknamen „Torsten“ gearbeitet haben soll, habe für seine Berichte „so 200 oder 500 Mark“, mal auch 1.000 DDR-Mark, erhalten. Zum Inhalt der gelieferten Informationen zitierte das Blatt „Geiger“ mit den Worten: „Alles, was uns interessierte und womit er zu tun hatte, war Gesprächsgegenstand.“

Nach den von einer Untersuchungskommission in Rostock gefundenen Stasi-Akten soll Schnur die Staatssicherheit regelmäßig über Erkenntnisse im Umgang mit seinen Mandanten aus dem Kreis von Wehrdienstverweigerern und Bürgerrechtlern sowie über Interna der evangelischen Kirche der DDR informiert haben. Der Vorstand des Demokratischen Aufbruch will heute Einsicht in die Akten nehmen.

Laut 'Spiegel‘ haben Stasi-Überläufer auch den Generalsekretär der Ost-CDU, Kirchner, als „Top-Quelle“ bezeichnet. Der 40jährige sei bereits 1971 angeworben worden. Dies wies Kirchner als falsch zurück.

Inzwischen haben sich führende West-Politiker in die Auseinandersetzung eingeschaltet. Von Seiten des innerdeutschen Ministeriums wird ausgerechnet die Tatsache, daß Schnur als Infomant für die Bundesregierung gearbeitet habe, als Beweis seiner Unschuld angeführt. Staatssekretär Hennig (CDU), sagte, Schnur habe Bonn jahrelang über rechtswidrige Strafverfahren in der DDR unterrichtet. Hennig und der CDU-Generalsekretär Rühe warfen ihre persönliche Integrität in die politische Waagschale und gaben eine „Ehrenerklärung“ für Schnur ab. Eine ganz eigene Theorie hat der hessische Innenminister Milde (CDU) aufgestellt. Die Angriffe gegen den Vorsitzenden des DA, eine der drei Parteien, die sich zur von CDU und CSU unterstützten „Allianz für Deutschland“ zusammengeschlossen haben, seien eine gezielte Kampagne der ehemaligen Stasi und des sowjetischen Geheimdienstes KGB. Dem hessischen Verfassungsschutz lägen dafür Hinweise vor, sagte Milde.

Inzwischen haben sich auch die Mitglieder des DA hinter ihren Vorsitzenden gestellt. Seine Grußbotschaft wurde von den 450 Delegierten des Dresdner Parteitages mit großem Beifall angenommen. Rainer Eppelmann, Mitglied des Vorstands des DA, hatte die Delegierten aufgefordert, den Aussagen Schnurs mehr zu trauen „als den Aussagen ehemaliger Stasi -Leute“. Eppelmann sagte gegenüber der taz, die von der Untersuchungskommission angeführten, von Ex-Stasi Chef Mielke persönlich unterschriebenen Auszeichnungen, die Schnur bekommen haben soll, könnten „getürkt“ sein. Nach seinen Informationen seien die Bögen von Mielke blanko unterschrieben worden. Daß Schnur als Anwalt von Oppositionellen Kontakt zur Staatssicherheit hatte, ist für Eppelmann „keine Frage“. Das beweise aber gar nichts.

SPD-Sprecher Steffen Reiche will mit einer Bewertung „abwarten, bis sich die Vorwürfe erhärten“. Reiche warf Schnur vor allem seine politische Wankelmütigkeit vor. Er habe, so Reiche, auf der Suche nach der Macht das ganze politische Spektrum durchwandert.

bf

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