Rekordsumme für Bremer Arbeitsmarktpolitik

■ Arbeitssenator Wedemeier will zweiten Arbeitsmarkt ausbauen und verbessern und ist gegen das Gerede von den „unproduktiven Kosten“

300 Millionen Mark sollen in Bremen und Bremerhaven in diesem Jahr für Arbeitsbeschaffungs- und Qualifizierungsmaßnahmen ausgegeben werden. Mit dieser Rekordsumme will Arbeitssenator Klaus Wedemeier erreichen, daß mehr als 10.000 Erwerbslose in diversen Förderprogrammen untergebracht werden. Dazu kommen etwa 2.500 berufstätige BremerInnen, die mit öffentlichen Geldern weiterqualifiziert werden sollen. Wedemeiers Motto gestern bei einer Pressekonferenz: „Lieber Arbeit finan

zieren als Arbeitslosigkeit.“

Der Löwenanteil des als „Bremer 300 Millionen-Mark-Programm Arbeit und Qualifizierung“ vorgestellten Jahresetats kommt allerdings von der Bundesanstalt für Arbeit. Insgesamt 215 Mio. Mark werden aus Nürnberg nach Bremen überwiesen, vor allem für ABM. Nachdem die Zahl der ABM-Stellen 1989 um 2.000 auf 3.400 gesunken war, sollen dieses Jahr wieder 300 ABM-Stellen mehr gefördert werden. Im öffentlichen Dienst wird von 2.000 auf 1.100 Stellen

abgespeckt.

Neben einer Ausweitung der Fördermaßnahmen will Wedemeier künftig eine bessere Verzahnung der verschiedenen Fördermaßnahmen erreichen. Ein Beispiel: Bislang konnten SozialhilfeempfängerInnen über ein spezielles Programm ein Jahr beschäftigt werden und erhielten so einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zurück. Nutznießer: Erstens der Betroffene, und zweitens das Stadtsäckel, denn die Sozialhilfe muß von den Kommunen aufgebracht werden. Doch nach einem Jahr war es mit der Qualifizierung meist zuende. Folge: Die Geförderte rutschte langsam wieder ab in Sozialhilfe und Perspektivlosigkeit. Jetzt will die Arbeitsbehörde erreichen, daß auf eine solche Förderung eine weitere Maßnahme folgt, beispielsweise eine

ABM-Stelle, damit der Betreffende nach drei bis vier Jahren Qualifizierung wieder auf dem „normalen“, sogenannten ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden kann.

Insgesamt fünf verschiedene Fördertöpfe will die Arbeitsverwaltung auf diese Art besser unter einen Hut bekommen. Neben den genannten Bereichen ABM und „Arbeit statt Sozialhilfe“ geht es um die Förderung der beruflichen Qualifizierung, Förderung örtlicher Beschäftigungsinitiativen und Berufsförderungsprogramme für Frauen und Mädchen. Ohne diesen zweiten Arbeitsmarkt, so hat es Wedemeier ausrechnen lassen, hätte die Arbeitslosenquote in Bremen nicht bei 14,6 sondern gar bei 18,1 Prozent gelegen. Und noch eine Zahl: Mit den 67,7 Millionen Mark, die

Bremen an Komplimentärmitteln zu den Arbeitsamts- und EG -Geldern dazulegt, reduzieren sich die ansonsten notwendigen Sozialhilfekosten um rund 50 Millionen Mark.

„Kreativ und innovativ“ sei die Bremer Arbeitsmarktpolitik, lobte Wedemeier sein Ressort. Trotzdem: „Man könnte mehr tun“, und zwar dann, wenn der Bund die Ausstattung der Bundesanstalt für Arbeit verbessere. So wünscht Wedemeier, daß die AB-Maßnahmen auf mindestens drei, besser noch vier Jahre verlängert wird und für Arbeitslose eine Mindestsicherung beschlossen wird, die über dem Sozialhilfesatz liegt.

Zwar hat der Bürgermeister seinen Senatoren inzwischen ein „Maulhalten“ in Sachen „Bremen 2.000“ verordnet, doch er

selbst machte gestern erste Andeutungen über seinen eigene politischen Standort. Dem Wirtschaftssenatsdirektor Haller, der künftig die „unproduktiven Kosten“, sprich Kosten für Soziales einschränken will, hält Wedemeier entgegen: „Für mich sind Investitionen in das 'Humankapital‘ keine unproduktiven Kosten, sondern Voraussetzug für regionales Wirtschafts- und Arbeitsplatzwachstum.“ Und auch das ständige Eigenlob seines Wirtschaftssenators Beckmeyer scheint Wedemeier nicht andauernd hören zu wollen. Wenn sich die Situation auf dem Bremer Arbeitsmarkt entspannt habe, dann liege das nicht alleine an Beckmeyers WAP, sondern auch „am Arbeits-und Beschäftigungsprogramm des Arbeitssenators.“

hbk